Get Out
USA 2017, Laufzeit: 104 Min., FSK 16
Regie: Jordan Peele
Darsteller: Daniel Kaluuya, Allison Williams, Catherine Keener
>> www.getout-film.de
Genialer, abgründiger Genrethriller
Moral Monsters
„Get Out“ von Jordan Peele
Es ist das Wochenende, an dem der farbige Chris (Daniel Kaluuya) die Eltern seiner weißen Freundin Rose (Allison Williams) kennen lernen wird. Gemeinsam fährt das frisch verliebte Paar zur Siedlung, in der das elterliche Anwesen liegt. Die Mutter (Catherine Keener, „Capote“, „Into the Wild“) ist auf Hypnose spezialisierte Psychologin, der Vater (Bradley Whitford) praktischer Arzt, der Empfang ist herzlich. Als zum Abendessen Roses barscher Bruder dazu stößt und sich am nächsten Tag großer Besuch ankündigt, kippt die Stimmung. Und dass die beiden schwarzen Hausangestellten die ganze Zeit merkwürdig apathisch durchs Haus geistern, fühlt sich auch nicht so richtig an.
Oh ja, so Einiges fühlt sich hier nicht richtig an, und Jordan Peele, der für sein Regie-Debüt auch das Drehbuch verantwortet, gelingt kolossal der Spannungsaufbau, den seine abgründige Geschichte durchzieht und permanentes Unwohlsein vermittelt. Damit ist sein Drama zuerst einmal ein äußerst gelungenes Genre-Werk, das über Bildkomposition, Montage, Sound und Musik atmosphärisch äußerst bedrohlich gerät und dabei mitunter auch recht derbe zur Sache geht. Zugleich, und das tut der Kurzweil keinen Abklang, erinnert das Bild der weißen Protagonisten an das Selbstverständnis der modernen USA, wie es kürzlich in der Doku „I am not your negro“ durch den schwarzen Bürgerrechtler James Baldwin entschlüsselt wurde. Baldwin charakterisiert die Landsleute des weißen Amerikas als „Moral Monsters“, geformt von Apathie und Verdrängung, was zum einen in der Flucht der amerikanischen Mehrheit in eine Phantasiewelt mündet, und zum anderen das Bestreben nach einer radikalen Endlösung für farbige Mitbürger benennt. „Wir müssen erkennen, dass es kein anders Land auf der Welt gibt, das so wohlgenährt und so glatt ist, so sicher und so glücklich, und so verantwortungslos und so tot“, formulierte Baldwin schon vor fünfzig Jahren, und Jordan Peele überträgt mit seinem Genredrama so manche These meisterlich in die Fiktion.
(Hartmut Ernst)
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