Control
Großbritannien, USA 2007, Laufzeit: 121 Min., FSK 12
Regie: Anton Corbijn
Darsteller: Sam Riley, Craig Parkinson, Samantha Morton, Joe Anderson, Nigel Harris, Nicola Harrison, Toby Kebbell, Alexandra Maria Lara
Der Sänger der Postpunk Band Joy Division kommt mit seiner frühen Ehe und Vaterschaft ebenso wenig klar wie mit dem schnellen Erfolg seiner Band. Die sich zunehmend häufenden Epilepsie-Anfälle stürzen ihn außerdem in schwere Depressionen.
Corbijn hatte die Ehre, als Jungspund zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, und hat Ende 79 ein paar Fotos mit Joy Division gemacht und damit den Grundstein für seine Karriere als Fotograf und später Clipregisseur gelegt. Eine Freundschaft zu der Band hat es – wie der Regisseur nach der Vorführung des Films im Rahmen der Cologne Conference Ende September im Cinedom richtig stellt – entgegen aller Gerüchte nie wirklich gegeben. Trotzdem scheint die Begegnung mit dem Sänger Ian Curtis prägend gewesen zu sein. So prägend, dass Corbijn nun, nach fast 30 Jahren, einen Spielfilm über ihn gedreht hat. Es ist überraschenderweise kein Dokumentarfilm, und es ist sogar auch kein Musikfilm, wie Corbijn betont. Tatsächlich steht das Leben des Sängers im Vordergrund von „Control“.
Als Glam-Rock hörenden Teenager mit langen Haaren lernen wir ihn kennen, bis er die Sex Pistols live erlebt und sich alles ändert: Die Haare kommen ab, eine Band wird gegründet, und er wird Sänger. Doch den Zwiespalt zwischen RocknRoll-Leben und Familienleben hält der jung verheiratete Vater einer Tochter nicht lange aus. Eine Affäre mit einem Groupie (Alexandra Maria Lara!) spannt die Lage zusätzlich an. Als er auch noch an Epilepsie erkrankt und die Anfälle sich häufen, ihn sogar auf der Bühne ereilen, sieht Curtis keinen Ausweg mehr. In der Nacht vor der ersten US-Tour der Band erhängt er sich.
Anton Corbijn inszeniert den Film überraschend klassisch. Die Musik bleibt im Hintergrund. Sie wird allerdings in den wenigen Konzertszenen tatsächlich von den Schauspielern gespielt, die teilweise extra für den Film Instrumente erlernt haben – die Wirkung ist intensiv. In den restlichen Szenen erkennt man deutlich den Fotografen im Regisseur, nicht zuletzt, weil Corbijn in Schwarzweiß gedreht hat. Jede Einstellung wirkt wie ein gut inszeniertes Foto, die Ausstattung ist sehr stylish. Wenn Corbijn im Publikumsgespräch im Cinedom sagt, der Dreh war schwierig, weil er in Räumen ohne Wandschmuck filmen musste – Curtis hasste Bilder an den Wänden – dann mag man ihm das nicht recht abnehmen. Es kam ihm wohl eher sehr gelegen. Insgesamt findet “Control eine ganz gute Balance aus Realismus und Stilisierung, Verehrung und Erdung des Sänger-Idols. Und bei aller Konventionalität: Dass er das Pathos meidet, muss man ihm danken. In der letzten Einstellung dann doch ein wenig davon aber OK. In England ist der Film natürlich schon sehr erfolgreich gestartet.
(Christian Meyer)
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24