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Bowling for Columbine

Bowling for Columbine
USA/Kanada/Deutschland 2002, Laufzeit: 122 Min., FSK 12
Regie: Michael Moore

Dieser Film lässt den Atem stocken. Er zeigt eine Nation im Waffenrausch. Ein Land mit einer Viertelmilliarde Pistolen, Gewehren und schwererem Gerät im Privatbesitz, mit 11.000 erschossenen Menschen jährlich. Es konnte niemand ahnen, wie hochbrisant und schmerzlich aktuell sein Thema werden würde, als zum Zeitpunkt des Kinostarts in den Vereinigten Staaten ein Heckenschütze, der aus sicherer Entfernung wahllos Menschen abknallte, einen ganzen Landstrich in Angst versetzte.

Der Film beginnt mit einem anderen schrecklichen Datum. Am 20. April 1999 geschah in Littleton bei Denver, einem der Hauptorte der amerikanischen Rüstungsindustrie, ein Massaker an der "Columbine Highschool". Morgens spielen zwei Jugendliche Bowling, wenige Stunden später erschießen sie 12 Schüler und einen Lehrer. Am selben Tag finden im Kosovo die stärksten Bombenangriffe des Balkankonflikts statt. Ein tapsiger, schwergewichtiger, furchtloser Dokumentarfilmer wendet seinen unbeirrbaren Blick auf die Zusammenhänge, auf den Wahnsinn, der die Weltmacht USA gepackt hält. Michael Moore ("Roger and Me", "The Big One") hat seine Methode der gnadenlosen Recherche und Interviewtechnik zu bezwingender Perfektion gebracht. Etwa wenn er mit zwei überlebenden Opfern - - eines querschnittsgelähmt, das andere mit einer inoperablen Kugel in Aortanähe für immer Invalide ­ in die Zentrale der Supermarktkette geht, wo die Täter die frei verkäuflich im Regal liegenden Kugeln gekauft hatten, und dort das Managment drangsaliert. Oder wenn er Charlton Heston, den Vorsitzenden der National Rifle Association, in seiner Hollywood-Villa aufsucht und mit unverfrorenen Fragen in die Enge treibt. Messerscharf auch Moores Vergleich mit dem benachbarten Kanada, wo im Verhältnis ähnlich viele Waffen im Umlauf sind, die Opferzahl jedoch unter 100 pro Jahr liegt, und wo die Menschen selbst in Großstädten ihre Türen unabgeschlossen lassen und angstfrei leben. Das beängstigende Gegenbild dazu: er interviewt den Bruder des Oklahoma-Attentäters, der ihm stolz seine geladene 45er-Magnum unterm Kopfkissen zeigt. Er sei eben bereit, sich und seine Familie gegen jeden Feind zu verteidigen. Laut dem ’Second Amendment" zur Verfassung habe er das verbriefte Recht zum Tragen einer Waffe.

Doch wo und wer ist der Feind? "Sind wir verrückt nach Waffen ­ oder sind wir nur verrückt?" fragt der unbestechliche Chronist eines gesellschaftlichen Geisteszustandes, nach dessen Maßgabe ein Staat sich als einzig legitimierte Weltpolizei aufspielt. Diese beeindruckende Dokumentation ist ­ neben dem ebenfalls in diesem Monat startenden Episoden-Werk "11¹09¹01" ­ eine wahrhaft fundierte und aufrichtige Auseinandersetzung mit dem Problem des Terrorismus und seiner Bekämpfung. Er stellt die vorherrschende paranoide Grundeinstellungen an den Pranger, provoziert zum Nachdenken und Einhalten, zwingt zur Besinnung.

(Heinz Holzapfel)

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