Barbicania
Frankreich, Großbritannien 2014, Laufzeit: 90 Min.
Regie: Ila Bêka, Louise Lemoine
"Old Boy" spielt mit menschlichen Urängsten und überträgt das Gefühl absoluter Hilflosigkeit auf den Zuschauer. Der Protagonist kennt seine Peiniger nicht. Ohne menschlichen Kontakt und ohne für ihn nachvollziehbare Gründe muss er in einem Zimmer ohne Fenster ausharren. Zudem erfährt er aus dem Fernsehen, dass seine Frau umgebracht wurde, und er durch sein Verschwinden natürlich der Hauptverdächtige ist. Dass so ein Erlebnis nicht spurlos an der menschlichen Seele vorübergeht, wundert kaum, und so ist der Gedanke an Rache fast der einzige menschliche Charakterzug, der bei Dea-su übrig geblieben ist.Nach "Sympathy for Mr. Vengeance" ist "Old Boy" der zweite Film einer Trilogie zum Thema "Rache", an dem Regisseur Park (hierzulande durch "Joint Security Area" bekannt geworden) arbeitet. Als Vorlage diente ein Manga-Comic, doch wer jetzt ein simples Rachedrama erwartet, wird enttäuscht sein. Eher kommt einem da schon die Geschichte des Grafen von Monte-Cristo in den Sinn. Ebenso finden sich Parallelen zur klassischen Tragödie des Ödipus, ist doch der Protagonist des Films gezwungen, seinem Schicksal hinterher zu eilen, doch je mehr er die Wahrheit kennen lernt, desto mehr lehrt sie ihn selbst das Fürchten.Der ehemalige Philosophie-Student Park zählt Kafka zu seinen Lieblingsautoren und das sieht man seinen Filmen an. Auch "Old Boy" wirkt getränkt in einem düsteren Existenzialismus und schreckt nicht vor extremen Bildern zurück, die jedoch niemals zum Selbstzweck eingesetzt werden, sondern vielmehr den komplexen Prozess der Entmenschlichung visualisieren. Regisseur Park gelingt das große Wunder, Kopf und Bauch gleichermaßen zu stimulieren, unterschiedliche Motive zu kombinieren und trotzdem etwas ganz eigenes zu schaffen. Nicht umsonst wurde er dafür in Cannes mit dem "Grand Prix" der Jury belohnt. Einmal mehr hat das asiatische Kino bewiesen, dass es zum innovativsten seiner Zeit gehört.
(Eric Horst)
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