Adams Äpfel
Dänemark 2005, Laufzeit: 94 Min., FSK 16
Regie: Anders Thomas Jensen
Darsteller: Ulrich Thomsen, Mads Mikkelsen, Nicolas Bro, Paprika Steen, Ali Kazim, Ole Thestrup, Nicolaj Lie Kaas, Gyrd Lofqvist, Lars Ranthe
"Es gibt keine bösen Menschen." Ivan ist geläuterter Landpfarrer und die Gutmütigkeit und Güte in Person. Während die Gemeinde seinen polemischen Predigten eher trotzt, konzentriert er sich mit missionarischem Eifer auf die Straftäter, die er zur Resozialisierung in seinem Gotteshaus beherbergt. Zu einem alkoholkranken Vergewaltiger und einem arabischen Kleinkriminellen gesellt sich eines Tages der grobschlächtige Neonazi Adam, der seine Zeit geduldig abzusitzen gedenkt und das religiöse Geplänkel wortlos über sich ergehen lassen will. Zur Untermauerung seiner Unbekehrbarkeit weicht das Kreuz in seiner Schlafkammer einem Hitlerbild. Von Ivan nach seinem nächsten Lebensziel gefragt, erlegt sich Adam spöttisch die Mission auf, einen Apfelkuchen zu backen. Trotz bemühter Distanz kommt es schon bald zu ersten Konflikten zwischen radikaler Unbeherrschtheit und selbstaufopfernder Nächstenliebe. Doch verwehrte Gegenwehr und unnachgiebige Vergebung sind Antworten, denen Adams körperbetonte Argumentation auf Dauer nicht gewachsen zu sein scheint.
Nach "Dänische Delikatessen" begibt sich Regisseur Anders Thomas Jensen mit "Adams Äpfel" vom Schlacht- ins Gotteshaus, ohne dabei auf derbe Nuancen zu verzichten. Jensen schaltet sogar noch einen Gang höher: Auf seinem Stück heiligen Boden prallen genießerisch Welten aufeinander, entlarven sich gegenseitig und entziehen einander die Bodenhaftung. Schroff in der Derbheit, erlangt seine Komödie bald bitterböse Tiefen: Noch mehr als die Läuterung des Rechtsradikalen fällt dabei die Passion Ivans ins Gewicht und die augenzwinkernde Abhandlung darüber, wie Glaube wachsen und wohin er führen kann. Dabei nimmt es Jensen nie zu ernst und verarbeitet schließlich noch atmosphärisch unheilvoll göttliche Einlenkung und haarsträubende Schicksalsschläge, bei denen die einen vom Glauben abfallen und andere bekehrt werden. "How deep is your love?", fragen die Backstreet Boys wiederholt süffisant aus dem Autoradio des Pfarrers, und am Ende ist dann auch diese Frage hinreichend beantwortet.
(Hartmut Ernst)
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24
Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24