choices: Fee, wenn du an die letzten zwei Jahre denkst, was geht dir durch den Kopf?
Fee Zweipfennig: Gerade die letzten zwei Jahre waren ein ziemlicher Clash of Life Cultures. Ich habe das letzte Jahr an der Folkwang absolviert und meinen Abschluss vorbereitet, gleichzeitig aber bereits in Köln an „Der Zwang“ gearbeitet. Danach ging es direkt weiter im freien Arbeiten in Köln. Mir wird die Vielseitigkeit des Jobs bewusst und ich bin sehr froh darüber, dass ich so direkt in den Strudel des Lebens komme. Die letzten zwei Jahre waren ein anregender Einstieg.
Du hattest, schon vor deinem Abschluss, ein Angebot für eine feste Stelle. Weshalb hast du dich für die freie Szene entschieden?
Ich hatte von meinem Agenten bereits die Anfrage, ob ich nicht Lust hätte, etwas vor der Kamera zu machen. Diese Verfügbarkeit hätte ich weniger gehabt, wenn ich fest angestellt gewesen wäre. Dazu kamen weitere Angebote in der freien Szene. Das schien mir fruchtbarer als festangestellt zu sein. Das Sicherheitsbedürfnis ist in dem Job zwar da, aber wenn ich wirklich so sicherheitsorientiert wäre, dann hätte ich vermutlich einen anderen Beruf gewählt. (lacht)
Du bist Mitglied des Krux-Kollektivs – wie ist das Kollektiv entstanden?
Das Krux-Kollektiv hatte sich Anfang 2018 schon formiert, gerade erste Strukturen geschaffen und bereits sein erstes Stück im Blick. Unsere erste Arbeit hat gezeigt, was wir überhaupt für Themen behandeln, dass wir tief in große, auch philosophische Fragen mit einer Verspieltheit springen möchten. Über „Der Zwang“ haben wir begonnen uns als Kollektiv zu definieren und jeder hat so seine Position gefunden, ich eben im darstellerischen Bereich.
Was ist eure Arbeitsweise und wie ist dabei die Aufgabenverteilung?
Wir beginnen gemeinsam mit einer Grundstruktur, aus der Elsa Weiland dann das nimmt, was für sie vorstellbar ist und erste konzeptionelle Schlüsse zieht. Weil es beides ein Solo ist und das viel Input fordert, forme ich das Stück natürlich mit. Wir hören alle auf den jeweiligen Fachmann, auf die Choreografin, auf den Videoinstallateur und fangen dann an, unsere Ideen miteinander zu verknüpfen. So entsteht eine Art Spinnennetz aus dem, was uns wichtig ist.
Was zeichnet das Krux-Kollektiv aus?
Ich glaube, das ist diese Uneitelkeit und eine sehr pure Befassung mit einer Thematik. Wir wollen die Leute nicht in eine Ecke drängen. Es ist eher wie bei einem Kaleidoskop, bei dem es verschiedene Blickwinkel gibt.
Worum geht es in eurem nächsten Stück „Walden“?
Meine Rolle zieht in die Wälder. Ausgesetzt zu sein in einer aus dem Gleichgewicht geratenen Welt führt zu dem Schluss, ein Aussteigerleben im Wald zu führen und seiner Beziehung zur Natur auf den Grund zu gehen. Das wird ein seelischer Spagat zwischen den Welten. Wir arbeiten dieses Mal mit vielen Projektionen und hatten schon erste Proben. Im März geht es dann richtig los und im April feiern wir unsere Premiere in der Studiobühne.
Wie wichtig ist es euch, eine Gesellschaftskritik auszuüben?
Das Spiegeln der Gesellschaft ist für uns erstmal das Wichtige, die Kritik ergibt sich vielleicht von selbst.
Auch bei „Walden“ stehst du wieder alleine auf der Bühne – was ist dabei die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung ist am Ende, die Geschichte alleine zu erzählen. Dafür braucht man seinen ganz eigenen Zugang unabhängig von dem, was vorher war. Es gibt dann nur dich. Man kann nicht sein ganzes Pulver in einer Szene verschießen und hinter der Bühne Kräfte sammeln. (lacht)
Ihr seid für den „Zwang“ für den Kölner Theaterpreis nominiert worden und habt den KunstSalon-Theaterpreis gewonnen – entsteht da auch ein gewisser Druck, was die Erwartungshaltung euer zweites Stück betreffend angeht?
Wir empfinden es eher als eine Einladung, weiterzumachen und uns etwas Neues auszudenken. Es ist aber kein Druck in der Form, dass wir das Gefühl haben, wir müssten jetzt Ansprüchen entsprechen, denn das haben wir bei „Der Zwang“ auch nicht gemacht.
Gibt es schon Pläne für weitere Stücke nach „Walden“ und falls ja, wirst du dann wieder alleine auf der Bühne stehen?
Wie unser nächstes Stück aussieht, wissen erst mal nur unsere Zukunfts-Ichs. Ich könnte mir auf jeden Fall vorstellen, noch ein Solo zu machen. Was mich betrifft, kamen schon während der Proben für „Walden“ Angebote für diese Zeit. Was danach kommt, wird sich noch zeigen.
Du hast Physical Theatre studiert, warum hast du dich gerade dafür interessiert, anstatt für klassisches Theater?
Ich war Schauspielerin, bevor ich an die Folkwang gegangen bin. Was mir am meisten Spaß macht, wenn ich jetzt einen sehr körperlichen Job habe, ist dem Wunsch nachzugehen, übermenschliche oder zusätzliche Kräfte zu haben, wie ein Superheld. Ich kann Illusionen erzeugen, auch für mich selbst, körperliche, schräge Möglichkeiten austesten, um nochmal einen anderen Ausdruck für Gefühle zu finden.
Was bedeutet für dich Theater?
Für mich ist Theater wie ein Paralleluniversum, das unbegrenzt ist. Und ein solches, so echt wirkendes Szenario ist näher vor deiner Nase als eine VR-Brille. Die Echtheit des Moments, die Reibung und vor allem die Konfrontation ist im Theater so spürbar für mich.
Wann war für dich klar, dass du Schauspielerin werden möchtest?
Vielleicht war ich es, bevor ich es wusste. (lacht) Schon früher habe ich mich gerne verkleidet. Wir haben damals mit meinem besten Kumpel ganze Inszenierungen gebaut, haben Familiendramen und Rockstar gespielt. Damals sagte ich auch, ich will Sängerin werden, dabei wollte ich eigentlich nur das ganze Gefühl bzw. eine Person verkörpern. Die Beobachtung von Menschen, sich in sie reinzuversetzen – das eröffnet mir verschiedene Lebenswege.
Was für eine Rolle würdest du gerne mal spielen und welche war bis jetzt die größte Herausforderung?
Ich würde sehr gerne mal in einem historischen Film oder einer historischen Serie mitspielen.
Warum?
Weil die Dinge, die eine Person aus einer früheren Zeit beschäftigten so fleischig und so nah sind, dass ich das gerne durchatmen würde. Zudem habe ich eine ganze Zeit lang in einem Verein gekämpft und reite gerne. „Der Zwang“ war natürlich eine körperliche und seelische Herausforderung. Ich wollte mich aber auch ganz auf diese sehr harte Thematik und auf diesen zerrissenen Menschen einlassen.
Du hast im Dezember an deinem Geburtstag den Kölner Nachwuchspreis „Puck“ gewonnen – was war das für ein Gefühl?
Das war an sich ein sehr aufregender Tag. Als der ganze Saal getobt und gesungen hat, das war einfach eine tolle Atmosphäre. Ich hatte das nicht erwartet und dann eine solche Auszeichnung zu bekommen, ist umso schöner.
Was sind deine nächsten Projekte und was wünschst du dir für die Zukunft?
Es kann sein, dass ich in Zukunft öfter vor der Kamera stehe. Trotzdem würde ich dem Theater nur ungerne fernbleiben. Ich würde gerne in Köln arbeiten, bin aber natürlich offen dafür wegzugehen, wenn ich irgendwo anders ein Angebot bekomme. Egal was es ist, ich hoffe einfach, dass es mich komplett ausfüllt. Ich mag es irgendwie auch, nicht so viel darüber nachzudenken, sondern mich einfach davon erwischen zu lassen. (lacht)
„Der Zwang“ | R: Elsa Weiland | 6.-8.2. je 20 Uhr | am 8.2. mit Gespräch | Orangerie-Theater | 0221 952 27 08
„Die Mars Chroniken“ | R: Ulrike Janssen | 5., 6.3., 8., 9.4. je 20 Uhr | Theater der Keller (Tanzfaktur) | 0221 31 80 59
„Walden“ | R: Elsa Weiland | 22.(P)-26.4. je 20 Uhr | Studiobühne Köln | 0221 470 45 13
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