Jedes Bild zählt. Die Retrospektive zur Malerei von Hans Hofmann (1880-1965), die die Kunsthalle Bielefeld in Kooperation mit dem Nationalmuseum Luxemburg ausrichtet, ist überschaubar, aber gewichtig. Jedes der Gemälde, die den Zeitraum von 1936 bis 1965 umfassen, hat seine Bedeutung innerhalb der Präsentation und verdeutlicht, warum Hofmann als „Künstler für Künstler“ so einflussreich für die abstrakte Malerei Mitte des 20. Jahrhunderts wurde. Dazu trugen seine radikalen, zu dieser Zeit unkonventionellen Verfahren bei. Periphere Malhandlungen – Farbspritzer, ausfasernde Ränder der Pinselstriche – werden zum Teil des Bildgeschehens. Die verschiedenen Bildebenen sind miteinander verzahnt, und im so wichtigen Spätwerk liegen rechtwinklige Flächen vor unscharfen Farbflecken und erzeugen einen tiefenräumlichen Eindruck. Mitunter haben diese auf Ausgewogenheit bedachten Aktionen in ihrer Fülle fast etwas Demonstratives – vielleicht kommt dabei zum Ausdruck, dass Hofmann ein begnadeter Mal-Lehrer war. Und ein weiteres: In Hofmanns Gemälden treffen wichtige Aspekte der Abstraktion in der europäischen Malerei auf die Leistungen der amerikanischen ungegenständlichen Kunst.
Hans Hofmann ist eine Schlüsselgestalt in der Vermittlung und Synthese der verschiedenen künstlerischen Strömungen. Er wurde 1880 in Weißenburg in Bayern geboren. 1904 kommt er bei einem Aufenthalt in Paris mit den Protagonisten der internationalen Avantgarde in Berührung. 1915 eröffnet er eine Malschule in München. Der Erfolg ist so groß, dass er 1930 auf Initiative ehemaliger Studenten zur Leitung eines Sommerkurses nach Berkeley eingeladen wird. In der Folge gründet er 1934 in New York City und 1935 in Provincetown Malschulen und übersiedelt nach Amerika. Zugleich mit dem Ansehen seiner Schüler, zu denen Lee Krasner gehört, wächst sein eigener Ruf als Maler. Ab 1944 werden seine Bilder in Einzelausstellungen in Amerika und schon bald in Europa gezeigt, an den besten Adressen in New York und Paris. Aber Hofmann ist schon in den 30er Jahren ganz vorne mit dabei. Seine Verfahren der Transzendierung der Naturerfahrung und der Beschäftigung mit der Wirkung von Licht führen schon bald zur Lösung vom Realismus. Dies äußert sich frühzeitig in einem schleierartigen Auftrag der Farbe mit Anklängen an Kandinsky oder Formfindungen wie bei Miró und später dann in der Auseinandersetzung mit dem Konstruktivismus. Die geometrischen Flächen verdichten sich in den 50er Jahren in wenigen Formen – mit den vielleicht schönsten Bildern der Ausstellung – und schlagen im Spätwerk als Verknüpfung der verschiedenen Prinzipien zu einer fast barocken Üppigkeit um. Die Kunsthalle in Bielefeld bietet dazu nun eine ganz wichtige Ausstellung selten gezeigter Bilder zur Abstraktion in der Malerei.
„Creation in Form and Color: Hans Hofmann“ | bis 5.3. | Kunsthalle Bielefeld | 0521 32 99 95 00
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