Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
2 3 4 5 6 7 8
9 10 11 12 13 14 15

12.581 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Das MiR
Foto: A Lechtape, Bildarchiv-Marburg

Morbider Mozart-Mythos

05. Januar 2022

Choreographen-Duo interpretiert die Totenmesse – Tanz an der Ruhr 01/22

Der Komponist Antonio Salieri muss nur mit der Feder mitschreiben, was sein Konkurrent, der große, jedoch erkrankte Mozart, da diktiert, während er sichtlich angeschlagen im Bett liegt. Der berühmte Filmregisseur Miloš Forman trug mit dieser Szene aus „Amadeus“ zur Mythenbildung bei: Ein morbider Mozart, der wie ein Genie sein letztes musikalisches Meisterwerk, das Requiem in d-Moll, zu Protokoll gibt – was so natürlich nicht stimmte.

Die Choreographen Erion Kruja und Giuseppe Spota widmen sich im Musiktheater im Revier (MiR) dieser berühmten Komposition. Während der MiR-Opernchor die Vokalsolisten (Sopran, Alt, Tenor und Bass) stellt, sorgt die MiR-Dance-Company für die tänzerischen Momente. Für ihreChoreographie greifen Kruja und Spotaauch die Mythen auf, die sich seitdem um Mozarts Musikstück ranken. Denn sein Auftragswerk, gesponsert von der Katholischen Kirche, eröffnet noch immer visuelle und choreographische Assoziationen, die sich auf der Bühne umsetzen lassen.

Die Tänzer Erion Kruja und Giuseppe Spota kommen beide aus dem Ballett, bevor sich insbesondere Kruja im zeitgenössischen sowie experimentellen Tanz hervortat. Der Albaner choreographierte auf renommierten Bühnen in London, Amsterdam und Beijing ebenso klassische Werke, um diese zugleich in ein neues, oft auch immersives Licht zu rücken.

Das bietet sich natürlich auch bei Mozarts „Requiem“ an, denn die von seinen Schülern Joseph Eybler und Franz Xaver Süßmayr vervollständigte Komposition führte nicht nur zu Spekulationen rund um den berühmtesten Salzburger, der das Musikstück angeblich in der Erwartung seines eigenen Ablebens kreierte. Seine Totenmesse hat sich zudem ins kulturelle Gedächtnis eingebrannt, diente etwa oft leitmotivisch als Soundtrack.

Doch dieses titelgebende Ritual, mit der Sterbende Abschied vom Leben nehmen und damit vielleicht Trost finden (also, eben nicht anonym an europäischen Außengrenzen oder einsam in überlasteten Krankenhäusern verrecken), ist nicht auf die Katholische Kirche zu begrenzen. Durch Tanz, Bewegung sowie Bilder greifen Erion Kruja und Giuseppe Spota daher Zeremonien aus anderen Kulturen auf, die sie dem christlichen Ritual der Totenmesse gegenüberstellen.

Requiem | Choreographie: Erion Kruja, Giuseppe Spota | 15., 22.1., 5.2. 19.30 Uhr (P) | Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen | 0209 409 72 00

Benjamin Trilling

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Vaiana 2

Lesen Sie dazu auch:

Die Seele geraubt
„Hello Dolly“ am Gelsenkirchener MiR – Musical in NRW 04/24

Täuschung und Wirklichkeit
Ein märchenhafter Opern-Doppelabend in Gelsenkirchen – Oper in NRW 02/24

Neues Publikum
Land NRW verstetigt das Förderprogramm Neue Wege – Theater in NRW 11/23

Fiasko in forschem Ton
„König für einen Tag“ in Gelsenkirchen – Oper in NRW 07/23

Eisige Herrschaft
„Bernarda Albas Haus“ am MiR in Gelsenkirchen – Oper in NRW 04/23

Das Meer spiegelt die Gefühle
„Billy Budd“ am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen – Oper in NRW 03/23

Neues Spielfeld für Musiktheater
Spark-Festival geht in Köln an den Start – Festival 04/22

Fantastische Bilderwelten
„Big Fish“ im Gelsenkirchener MiR – Musical in NRW 05/19

Sodom und Gomorrhakirchen
„Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ in Gelsenkirchen – Oper in NRW 04/19

Es stinkt im Dorf
Bizets „Perlenfischer“ als packendes Sozialdrama – Oper in NRW 02/19

Der Prediger als Opferlamm
Leonard Bernsteins „Mass“ in Gelsenkirchen – Oper in NRW 12/18

Ein König von Sinnen
Verdis „Nabucco“ in Gelsenkirchen – Oper in NRW 09/18

Tanz.

HINWEIS