
„Das passt wie die Faust auf‘s Auge – natürlich gewaltlos“, sagt Miriam Staufenbiel lachend. Vor einem Jahr haben sie und Hanna Buschke auf Einladung des ehrenamtlichen Vorstands die Geschäftsführung des Kölner Friedensbildungswerks (FBK) übernommen, das neben Mediations- und Sprachkursen u.a. Workshops zu Friedenspolitik und Demokratie anbietet. Für die Pädagogin Staufenbiel schließt sich die Stelle ideal an ihre bisherige Laufbahn an, die mit dem Freiwilligendienst in einer Friedensinitiative in Südamerika begann und sich mit politischer Bildung und Erwachsenenbildung fortsetzte. Ähnliches gilt für Buschke, die aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit kommt und sich nach einem zivilen Friedensdienst in Sierra Leone zunehmend in der Friedensbildung engagierte.
Digital und ganzheitlich
Seit dem Wechsel in der Geschäftsführung hat sich das FBK modernisiert, mit einem Zuwachs an digitalen Formaten, neu gestalteten Newslettern und Social-Media-Kanälen und einer neuen Webseite. „Wir versuchen, unsere Zielgruppe zu erweitern – und nehmen bereits Veränderungen wahr. Wir erhalten zum Beispiel mehr Bewerbungen von jungen Praktikant:innen, und mehr junge Leute melden sich für unsere Mediationsausbildung an“, so Staufenbiel.
Nach den alten Professoren
Verändert hat sich auch das pädagogische Verständnis: „Vor dem Weggang unseres Vorgängers nach 35 Jahren bereitete sich das Friedensbildungswerk schon auf eine Neuausrichtung vor“, erklärt Staufenbiel. „Bis dahin waren die Angebote des FBKs gemäß dem üblichen Dreierschritt in der politischen Bildungsarbeit aufgebaut: Wissen, Analyse, Handlung. Unser Ansatz behält dies bei, setzt aber mehr auf Handlungsorientierung, und wir bringen auch rein: Gefühl, Körper, Ganzheitlichkeit. Wir wollen ein politisches Bewusstsein im gesellschaftlichen Miteinander fördern, als Ausprobierraum, in dem jede:r eigene Fragen einbringen kann. Und nicht, dass da wie so oft in der politischen Bildungsarbeit – platt gesagt – ein älterer weißer Herr mit Professorentitel referiert.“
Unter Stress denken
Von der Neuausrichtung zeugen Formate, die stärker als bisher das Erleben, den Austausch und die Vernetzung der Besucher in den Blick nehmen. Ein Beispiel ist der Workshop „Heute ist nicht 1933“, den Anja Stil, Referentin beim FBK, zusammen mit der Historikerin Anne Sass und dem Soziologen Sebastian Wen entwickelt hat. Zu Beginn hörten die Teilnehmer zwei Geschichten: „Eine aus der Sicht einer Person aus dem Jahr 1933 und eine aus heutiger Sicht. Beide beschreiben ihren Alltag und die Strukturen zur jeweiligen Zeit“, sagt Buschke. „Dazwischen waren die Teilnehmenden eingeladen, sich in Zweiergruppen in den Räumlichkeiten zu verteilen und sich zehn Minuten lang pur aufeinander einzulassen, um zu verstehen, was die Geschichten in ihnen ausgelöst haben. Das kann Stress bedeuten – und da man unter Stresshormonen weniger gut denkt und lernt, haben wir Körperübungen zur Entspannung mit hineingenommen.“
Gegen gesellschaftliche Spaltung
Staufenbiel und Buschke reagieren mit dem neuen Ansatz auch auf die zunehmende gesellschaftliche Spaltung, die bei vielen Ängste schürt und Debatten erschwert. Staufenbiel: „Wir merken hier ein großes Bedürfnis, die Frage zu klären: Wie kann ich im Kontakt bleiben mit Menschen, die anders denken als ich, die Positionen einnehmen, die entgegengesetzt zu meinen sind?“ Eine wichtige Aufgabe des FBKs ist laut Staufenbiel, das Bedürfnis der Menschen nach Frieden anzuerkennen, sichtbar zu machen und daraus Handeln abzuleiten. Sie ist überzeugt: „Jeder Mensch hat die Sehnsucht nach Frieden.“
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Konflikt-Kanzler
Intro – Friedenswissen
Herren des Krieges
Teil 1: Leitartikel – Warum Frieden eine Nebensache ist
„Besser fragen: Welche Defensivwaffen brauchen wir?“
Teil 1: Interview – Philosoph Olaf L. Müller über defensive Aufrüstung und gewaltfreien Widerstand
Streiken statt schießen
Teil 2: Leitartikel – Das im Kalten Krieg entwickelte Konzept der Sozialen Verteidigung ist aktueller denn je.
„Als könne man sich nur mit Waffen erfolgreich verteidigen“
Teil 2: Interview – Der Ko-Vorsitzende des Bundes für Soziale Verteidigung über waffenlosen Widerstand
Widerstand ohne Waffen
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen und ihr Landesverband NRW
Unser höchstes Gut
Teil 3: Leitartikel – Von Kindheit an: besser friedensfähig als kriegstüchtig
„Das ist viel kollektives Erbe, das unfriedlich ist“
Teil 3: Interview – Johanniter-Integrationsberaterin Jana Goldberg über Erziehung zum Frieden
Platz für mehrere Wirklichkeiten
Teil 3: Lokale Initiativen – Kamera und Konflikt: Friedensarbeit im Medienprojekt Wuppertal
Kinder verkünden Frieden
Das Projekt „Education for a Culture of Peace“ – Europa-Vorbild: Zypern
Brauerheer statt Bundeswehr
Wie ein Biertornado die Gewaltspirale aus dem Takt wirft – Glosse
Kultur am Kipppunkt
Teil 1: Lokale Initiativen – Bruno Wenn vom Kölner Kulturrat über die Lage der städtischen Kulturhäuser
Zwischen Bar und Bühne
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Neuland als kulturelles Experiment im Bochumer Westend
Querschnitt der Gesellschaft
Teil 3: Lokale Initiativen – Das Kulturbüro Wuppertal als Partner der freien Szene
Aus den Regionen
Teil 1: Lokale Initiativen – Das WDR-Landesstudio Köln
Von lokal bis viral
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Landesanstalt für Medien NRW fördert Medienvielfalt
Pakt mit dem Fakt
Teil 3: Lokale Initiativen – Das Zentrum für Erzählforschung an der Uni Wuppertal
Zwischen Krawall und Karneval
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Bereich Gegenwart im Kölner NS-Dok klärt über Rechtsextremismus auf
Antifaschismus für alle
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Bochumer Antifa-Treff
Nicht mit uns!
Teil 3: Lokale Initiativen – Das zivilgesellschaftliche Netzwerk Wuppertal stellt sich quer
Von Autos befreit
Teil 1: Lokale Initiativen – Einst belächelt, heute Vorbild: Die Siedlung Stellwerk 60 in Köln
Unter Fledermäusen
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Arbeitskreis Umweltschutz Bochum
Für eine gerechte Energiewende
Teil 3: Lokale Initiativen – Das Wuppertaler Forschungsprojekt SInBa