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Hanna Buschke und Miriam Staufenbiel (r.) freuen sich über mehr Bewerbungen junger Menschen
Foto: Vincent Fischer

Politische Körper

30. Oktober 2025

Teil 1: Lokale Initiativen – Das Kölner Friedensbildungswerk setzt auf Ganzheitlichkeit

„Das passt wie die Faust auf‘s Auge – natürlich gewaltlos“, sagt Miriam Staufenbiel lachend. Vor einem Jahr haben sie und Hanna Buschke auf Einladung des ehrenamtlichen Vorstands die Geschäftsführung des Kölner Friedensbildungswerks (FBK) übernommen, das neben Mediations- und Sprachkursen u.a. Workshops zu Friedenspolitik und Demokratie anbietet. Für die Pädagogin Staufenbiel schließt sich die Stelle ideal an ihre bisherige Laufbahn an, die mit dem Freiwilligendienst in einer Friedensinitiative in Südamerika begann und sich mit politischer Bildung und Erwachsenenbildung fortsetzte. Ähnliches gilt für Buschke, die aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit kommt und sich nach einem zivilen Friedensdienst in Sierra Leone zunehmend in der Friedensbildung engagierte.

Digital und ganzheitlich

Seit dem Wechsel in der Geschäftsführung hat sich das FBK modernisiert, mit einem Zuwachs an digitalen Formaten, neu gestalteten Newslettern und Social-Media-Kanälen und einer neuen Webseite. „Wir versuchen, unsere Zielgruppe zu erweitern – und nehmen bereits Veränderungen wahr. Wir erhalten zum Beispiel mehr Bewerbungen von jungen Praktikant:innen, und mehr junge Leute melden sich für unsere Mediationsausbildung an“, so Staufenbiel. 

Nach den alten Professoren

Verändert hat sich auch das pädagogische Verständnis: „Vor dem Weggang unseres Vorgängers nach 35 Jahren bereitete sich das Friedensbildungswerk schon auf eine Neuausrichtung vor“, erklärt Staufenbiel. „Bis dahin waren die Angebote des FBKs gemäß dem üblichen Dreierschritt in der politischen Bildungsarbeit aufgebaut: Wissen, Analyse, Handlung. Unser Ansatz behält dies bei, setzt aber mehr auf Handlungsorientierung, und wir bringen auch rein: Gefühl, Körper, Ganzheitlichkeit. Wir wollen ein politisches Bewusstsein im gesellschaftlichen Miteinander fördern, als Ausprobierraum, in dem jede:r eigene Fragen einbringen kann. Und nicht, dass da wie so oft in der politischen Bildungsarbeit – platt gesagt – ein älterer weißer Herr mit Professorentitel referiert.“

Unter Stress denken 

Von der Neuausrichtung zeugen Formate, die stärker als bisher das Erleben, den Austausch und die Vernetzung der Besucher in den Blick nehmen. Ein Beispiel ist der Workshop „Heute ist nicht 1933“, den Anja Stil, Referentin beim FBK, zusammen mit der Historikerin Anne Sass und dem Soziologen Sebastian Wen entwickelt hat. Zu Beginn hörten die Teilnehmer zwei Geschichten: „Eine aus der Sicht einer Person aus dem Jahr 1933 und eine aus heutiger Sicht. Beide beschreiben ihren Alltag und die Strukturen zur jeweiligen Zeit“, sagt Buschke. „Dazwischen waren die Teilnehmenden eingeladen, sich in Zweiergruppen in den Räumlichkeiten zu verteilen und sich zehn Minuten lang pur aufeinander einzulassen, um zu verstehen, was die Geschichten in ihnen ausgelöst haben. Das kann Stress bedeuten – und da man unter Stresshormonen weniger gut denkt und lernt, haben wir Körperübungen zur Entspannung mit hineingenommen.“

Gegen gesellschaftliche Spaltung

Staufenbiel und Buschke reagieren mit dem neuen Ansatz auch auf die zunehmende gesellschaftliche Spaltung, die bei vielen Ängste schürt und Debatten erschwert. Staufenbiel: „Wir merken hier ein großes Bedürfnis, die Frage zu klären: Wie kann ich im Kontakt bleiben mit Menschen, die anders denken als ich, die Positionen einnehmen, die entgegengesetzt zu meinen sind?“ Eine wichtige Aufgabe des FBKs ist laut Staufenbiel, das Bedürfnis der Menschen nach Frieden anzuerkennen, sichtbar zu machen und daraus Handeln abzuleiten. Sie ist überzeugt: „Jeder Mensch hat die Sehnsucht nach Frieden.“

Vincent Fischer

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