Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ ist ein Meilenstein in der Operngeschichte – und verlangt sowohl Interpreten als auch Hörern in der Regel so einiges ab. Dies bezieht sich zum einen auf die Länge der Werke, die bei den verschiedenen Teilen bei circa vier Stunden liegt. Zudem ist Wagners Ansatz der „unendlichen Melodie“, also die Aufhebung der Trennung von gesprochenen und gesungenen Teilen in der Oper, auf die Dauer nicht ganz einfach. Hinzu kommt der Stoff: Eine Geschichte um den Zwist zwischen Göttern und Menschen, Liebe, Hass und Tod und verfluchte Schätze. Mit der „Götterdämmerung“ beschließt die Kinderoper der Oper Köln („Walküre“, „Siegfried“) nun in einer gestreamten Fassung Wagners Zyklus in einer Fassung für Kinder ab acht Jahren als Arrangement von Stefan Behrisch in der Inszenierung von Brigitta Gillessen und unter der musikalischen Leitung von Rainer Mühlbach.
Schätze, Ringe und Zaubertränke
Die Oper beginnt an der Stelle, an der die Tochter Wotans und ehemalige Walküre Brünnhilde (Jessica Stavros) und der tapfere Held Siegfried zuversichtlich ihre Liebe feiern. Siegfried (Martin Koch) ist im Besitz des Ringes aus dem Nibelungenschatz, weiß aber nicht um dessen Fluch: Der Göttervater Wotan raubte dem Zwerg Alberich mit List einen goldenen Ring, der die Herrschaft über alles und jeden bringt. Als Rache verfluchte Alberich den Ring, so dass dieser seinem Besitzer nur Unglück bringt. Als Siegfried nun in die Welt zieht, überreicht er Brünnhilde den Ring, der sie eigentlich schützen soll. Sie selbst bleibt im schützenden Feuerkreis zurück, den nur wenige durchschreiten können. Seine Fahrt den Rhein entlang führt Siegfried an den Königshof der Gibichungen: Gunther (Stefan Hadžić), seine Schwester Gutrune (Ana Fernández Guerra) und den Halbbruder Hagen (Bjarni Thor Kristinsson), dessen Vater bewusster Zwerg Alberich ist.
Hagen stachelt seine Halbgeschwister auf: Er rät ihnen, sich zu vermählen und macht ihnen einerseits Brünnhilde und andererseits Siegfried schmackhaft. Die Geschwister laden Siegfried zum Verweilen am Hofe ein und Hagen fragt ihn nach dem Nibelungenschatz, aus dem er aber lediglich den Ring und einen Tarnhelm an sich genommen hat. Mit einem Zaubertrank lässt Hagen Siegfried Brünnhilde und seine Liebe zu ihr vergessen. Es kommt noch schlimmer: Siegfried, der den Feuerkreis um Brünnhilde durchschreiten kann, schwört einen Eid, Gunther mit Hilfe des Tarnhelms dabei zu helfen, Brünnhilde für sich zu gewinnen. Nachdem Gunther ihr den Ring entrissen hat, ist Brünnhilde wehrlos und fügt sich in das Schicksal, Gunthers Frau zu werden. Zurück am Königshof, wo sie auf ihren Siegfried trifft, erkennt sie seinen Verrat und ist zutiefst getroffen. Hagen jedoch freut sich am meisten darüber, dass Siegfried nun den Ring wieder hat und hofft, diesen durch den Mord an Siegfried schließlich in seine Hände. Doch Brünnhilde weiß, dies zu verhindern, indem sie den Ring an die Rheintöchter zurückgibt, um so den verfluchten Ring aus der Welt zu schaffen. Die Götterburg Walhall setzt sie am Ende in Flammen und stürzt sich selbst in diese, um im Tod mit ihrem Geliebten vereint zu sein.
Wagner trotzt Einschränkungen
Auch wenn die Fassung der Kinderoper Köln zeitlich sehr komprimiert wirkt, so wird auch hier die ganze Klanggewalt von Wagners Musik deutlich. Den Darstellern gelingt es, in dem spartanischen (und Corona-konformen) Bühnenbild, die ganze Dramatik des Stoffes und seiner Musik zu vermitteln. Als Hilfe für das Verständnis fungieren die Nornen, die teils wie ein Chor in der Antike das Geschehen erläutern und kommentieren. Dies geschieht hier auch in gesprochenem Wort, was das Verständnis leichter macht. Gesanglich liefern die beiden Hauptdarsteller Jessica Stavros und Martin Koch hier eine beachtliche Leistung ab, ebenso auch Bjarni Thor Kristinsson als Hagen. Und auch die Mitglieder des Gürzenich-Orchesters, die hier in wesentlich kleinerer Besetzung als normal bei Wagner, agieren, überzeugen durchgehend.
Trotz der gelungenen Umsetzung stellt sich ein wenig die Frage, ob die recht komplexe Geschichte des „Ring des Nibelungen“ und die musikalisch nicht weniger komplexe musikalische Umsetzung Wagners etwas ist, dass junge Menschen ab acht Jahren für die Oper begeistern kann – oder sie vielleicht doch am Ende überfordert. Aber das sei den Eltern jeweils selbst überlassen.
Bis 24. Mai ist die Kinderoper „Götterdämmerung“ noch als Stream auf der Seite der Oper Köln verfügbar. Besonders familienfreundlich ist hier das Ticket-System, das verschiedene Stufen anbietet, die frei wählbar sind – angefangen bei 0 Euro.
Götterdämmerung für Kinder | R: Brigitta Gillessen | ab 8 J. | Stream rund um die Uhr bis 24.5. | Oper Köln | www.oper.koeln/de/Streaming
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