Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
25 26 27 28 29 30 1
2 3 4 5 6 7 8

12.581 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Andreas Meyer
Foto: Christian Hahn

Dankbar für ein großes Lebenswerk

13. April 2023

Nachruf auf Andreas Meyer – Bühne 04/23

Ohne ihn wäre das Bonner Opernpublikum um viele bemerkenswerte Abende ärmer geblieben. Ohne ihn wäre Clemens von Franckensteins „Li-Tai-Pe“ so schnell nicht wiederentdeckt worden. Und ohne ihn wäre die Aktualität von Rolf Liebermanns „Leonore 40/45“ verborgen geblieben. Am Karsamstag, 8. April ist der Bonner Operndirektor Andreas K. W. Meyer mit 64 Jahren infolge eines Herzversagens verstorben. Ein Schock für Angehörige, Freunde und die gesamte Opernlandschaft.

Andreas Meyer war ein leidenschaftlicher Entdecker. Er durchforstete die Geschichte der Oper nicht unter der fragwürdigen Annahme, in den gut 400 Jahren habe in einer quasi natürlichen Auslese das Beste überlebt und alles andere einen Platz im Archiv verdient. Er war sich der Bedingungen bewusst, unter denen gerade im ideologisch aufgeladenen 20. Jahrhundert Werke verbannt wurden, deren Aktualität sich heute überraschend offenbart. Meyer hat nicht einfach Raritäten ausgegraben, sondern neu Entdecktes stets in einem größeren gesellschaftlichen und philosophischen Kontext betrachtet.

Höhepunkt seiner Arbeit in Bonn ist das einzigartige Projekt „Fokus ´33“, eine „Forschungsreise zu den Ursachen von Verschwinden und Verbleiben“. In dieser beispielhaften Reihe erschienen Werke wie Giacomo Meyerbeers „Ein Feldlager in Schlesien“ oder „Asrael“ des jüdischen italienischen Komponisten Alberto Franchetti auf der Bühne. Meyers Programmhefte zu solchen Werken waren kenntnisreiche Kompendien. Zuletzt arbeitete er an der ersten ungestrichenen Wiederaufführung von Franz Schrekers „Der singende Teufel“.

Als Dramaturg prägte Meyer seit der Spielzeit 2013/14 das Gesicht des Bonner Opernhauses. Das Interesse des 1958 in Bielefeld geborenen Musikdramaturgen an vergessenen Schätzen setzte jedoch nicht erst in Bonn ein. Ab 1993 arbeitete er in Kiel. Der dortigen Oper verhalfen etwa der wiederentdeckte „Cyrano de Bergerac“ Franco Alfanos und ein Zyklus mit Werken Franz Schrekers zu überregionalem Interesse. Mit seiner Intendantin Kirsten Harms wechselte er 2004 als Chefdramaturg an die Deutsche Oper Berlin. Dort kamen etwa Franchettis „Germania“ und Zemlinskys „Der Traumgörge“ hinzu.

Andreas K. W. Meyer wird schmerzlich fehlen. Seine ruhige, beharrliche Ernsthaftigkeit und sein enormes Wissen sind nicht zu ersetzen. All jene, die ihn gekannt und gemocht haben, werden ihn als Freund oder Ratgeber vermissen. Was bleibt, ist Trauer, aber auch Dankbarkeit für ein großes Lebenswerk.

Werner Häußner

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Vaiana 2

Lesen Sie dazu auch:

Goldene Flügel der Sehnsucht
Großes biblisches Drama: „Nabucco“ an der Oper Köln – Oper in NRW 12/24

Triumph der Güte?
„La Cenerentola“ in Essen und Hagen – Oper in NRW 12/24

Besiegt Vernunft die Leidenschaft?
„Orlando“ an der Oper Köln – Oper in NRW 11/24

Unerwartet Kaiserin
„Der Kreidekreis“ in Düsseldorf – Oper in NRW 11/24

Horror und Burleske
Die Spielzeit 24/25 am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 07/24

Opern-Vielfalt am Rhein
„Nabucco“ eröffnet in Düsseldorf die Spielzeit 2024/25 – Oper in NRW 06/24

„Kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit“
Kapellmeister Hermes Helfricht über Werner Egks „Columbus“ an der Oper Bonn – Interview 06/24

Welt ohne Liebe
„Lady Macbeth von Mzensk“ am Theater Hagen – Oper in NRW 05/24

Die Gefahren der Liebe
„Die Krönung der Poppea“ an der Oper Köln – Oper in NRW 05/24

Absurde Südfrucht-Fabel
„Die Liebe zu den drei Orangen“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 04/24

Grund des Vergessens: Rassismus
Oper von Joseph Bologne am Aalto-Theater Essen – Oper in NRW 03/24

Verpasstes Glück
„Eugen Onegin“ in Bonn und Düsseldorf – Oper in NRW 02/24

Bühne.

Hier erscheint die Aufforderung!