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Stephan Winkler (W-film), Alexandre Peralta (Regisseur) und Thais Peralta (Koproduzentin)
Foto: W-film

Ballettschule für Blinde

07. Februar 2020

Premiere von „Looking at the Stars“ im Odeon – Foyer 02/20

Montag, 27. Januar: Im Odeon wird man Zeuge eines besonderen Filmprojekts. Im Rahmen einer exklusiven Kinotour war der brasilianische Regisseur Alexandre Peralta nach Deutschland gekommen, um seinen Film „Looking at the Stars“ vorzustellen – in Köln als Deutschlandpremiere. Gefördert wurde der Verleih durch W-film Distribution von der Film- und Medienstiftung NRW sowie der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) – eine besondere Auszeichnung für das brasilianische Projekt, da die BKM eigentlich nur deutsche Filme unterstützt.

Mit seinem inklusiven Dokumentarfilm setzt der Brasilianer der weltweit ersten Ballettschule für Blinde in seiner Heimatstadt São Paulo ein Denkmal. Ganze vier Jahre lang – drei davon mit der Kamera – hatte er das Projekt von Balletttänzerin und Gründerin Fernanda Bianchini begleitet, die 1995 ihre Ballettschule „Associação Fernanda Bianchini“ eröffnete – damals mit nur zehn Schülern. Seitdem macht sie das unmöglich Scheinende möglich: blinden Menschen das Tanzen beizubringen. Dazu entwickelte sie eine eigene Methode, die auf Berührung, Wiederholen der Bewegungen und bildhaften Beschreibungen basiert: „Wir schauen zu den Sternen auf“, erklärt sie in der Anfangsszene einem ihrer kleinsten Tänzer die Art, wie er seinen Kopf halten soll. „Du musst in ihre Welt eintauchen“, beschreibt sie ihre Art zu unterrichten.


Looking at the Stars, Bild: W-film

„Looking at the Stars“ – Peraltas erster Film – lebt vor allem von seinen beiden Protagonistinnen, Geyza und Thalia, in deren Welt der Zuschauer auch abseits vom Tanzen eintaucht. Der Star des Films ist Geyza, die mit neun Jahren erblindete und kurz darauf mit dem Tanzen anfing. „Sobald ich Geyza sah, wusste ich, sie ist die Eine. Da ist etwas an ihrer Ausstrahlung…“, sagt Peralta, der zusammen mit seiner Ehefrau und Co-Produzentin Thais Peralta gekommen ist, beim Filmgespräch mit Isabel Peters von W-film.

Bereits 2007 – noch in der Schule – erfuhr er von der Ballettschule. Nachdem er realisiert hatte, dass er bereits seit Jahren jeden Tag dort vorbeilief, stattete er ihr 2012 einen ersten Besuch ab. Mittlerweile studierte er an der USC School of Cinematic Arts in Los Angeles Film- und Fernsehproduktion. „Es war viel besser, als ich gedacht hatte“, beschreibt der Regisseur seinen ersten Eindruck. So begann er 2013 mit den Dreharbeiten. Zuerst hatte Peralta nur einen Kurzfilm geplant. Als er dafür 2015 prompt den Student Academy Award erhielt, entschied er sich, eine längere Version zu machen. Dabei hatte er stets sein sehbeeinträchtigtes Publikum im Hinterkopf: „Wir haben immer auch an die blinden Zuschauer gedacht, wie sie den Film genießen können, obwohl sie nicht sehen können.“


Isabel Peters mit Alexandre Peralta im Odeon
Foto: Julia Grahn

Auch beim Betrachter möchte er einen Perspektivwechsel auslösen, eine andere Seite von Brasilien zeigen – ein Land, das sonst nur mit Samba, Karneval und Fußball in Verbindung gebracht wird. Das ist ihm mithilfe seiner beiden Protagonistinnen gelungen: Der Zuschauer erlebt, wie sie im Alltag oft mit Vorurteilen konfrontiert und auf Hilfe angewiesen sind. Während Thalia in einer Szene sehr traurig ist, da sie in der Schule keine Freunde, ja nicht einmal Arbeitspartner findet, nimmt auch Geyza dies wahr – „Wir Sehbehinderten haben mit vielen Vorurteilen zu kämpfen“, sagt sie einmal –, fragt sich aber im selben Moment, ob sie selbst, könnte sie sehen, wohl mit einem Blinden zusammen sein wolle. Als sie und ihr nicht sehbehinderter Freund heiraten und sie schwanger wird, hat sie Angst, ihren Aufgaben als Ehefrau und Mutter nicht gerecht werden zu können. In der Ballettschule hingegen sind Geyza und Thalia unter ihresgleichen, können ganz sie selbst sein. Hier findet Thalia endlich Freundinnen und Geyza wird zur Primaballerina, die irgendwann selbst unterrichtet.

Und auch die Schule selbst ist über sich hinausgewachsen: 1995 mit nur zehn Schülern gestartet, hat sie mittlerweile 420 Tänzer, längst zählen nicht mehr nur Blinde, sondern auch hörbeeinträchtigte, motorisch und intellektuell eingeschränkte Personen zu den Schülern. Auftritte gab es schon in London, New York, Los Angeles, in Argentinien, Deutschland und Polen. Dennoch, so erzählt Peralta, ist die Schule noch immer auf Spenden angewiesen. Neben einer einmaligen Spende ist es auch möglich, regelmäßig einen bestimmten Schüler finanziell zu unterstützen.

Der Film läuft ab dem 13. Februar in ausgewählten Kinos, über die App GRETA ist es auch für seh- und hörbeeinträchtigte Menschen möglich, ihn anzuschauen.

JULIA GRAHN

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