Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
14 15 16 17 18 19 20
21 22 23 24 25 26 27

12.599 Beiträge zu
3.824 Filmen im Forum

The New Style: die Beastie Boys in jungen Jahren
Foto: Heyne Hardcore

Klarer Kurswechsel

27. Februar 2019

Wunderbar verschlungene Bandbiografien – Kompakt Disk 03/19

Die Goldenen Zitronen geben mit ihrem neuen Album „More than a feeling“ wieder einmal einen rumpelnden Bericht zur Lage der Nation ab. „More than a feeling“ ist ursprünglich ein Hit der zu Recht weitgehend vergessenen Rockband Boston aus den 70er Jahren. Bei den Zitronen greift der Titel die Rede von den „besorgten Bürgern“ auf, deren Gefühl der Sorge eben mehr ist als ein Gefühl, nämlich eine hochgradig gefährliche Aggression, die mit Lüge und Tatsachenverdrehung neue Fakten schaffen will. Trotz übler Lage ist das Album der Diskurs-Rocker nicht übellaunig, sondern gewohnt freudig formuliert – sowohl in den Texten als auch im musikalischen Entwurf, der Punk, Pop und Experiment fließend ineinander schmirgelt, falsche Freunde wie zu Zeiten ihrer Fun-Punk Anfänge machen sie sich damit schon lange nicht mehr (Buback).

Das mag jetzt überraschen, aber die Parallelen zwischen den ‚Zitronen‘ und den ‚Beasties‘ sind groß. Wie Die Goldenen Zitronen haben die Beastie Boys mit ihrem ersten Album Mitte der 80er Jahre überraschend großen Erfolg und beide glänzen durch chaotische Konzerte (klar, der Erfolg der Beastie Boys war ungleich größer!). Beide kommen vom Punk und sahen sich plötzlich mit einer Heerschar tumber Fans konfrontiert, die sie eigentlich nicht wollten. Beide zogen die Notbremse. Die Zitronen mit krachigem Sound, politischen Texten und Albumtiteln wie „Fuck You“, die Beastie Boys mit einer Auszeit, Trennung vom Label und einem Neustart in einer anderen Stadt. Es folgten schwere Jahre, das zweite Beastie Boys Album „Paul‘s Boutique“ erfuhr erst spät Anerkennung. Mit „Check your Head“ haben sie dann wie die Zitronen mit „Das bißchen Totschlag“ ihren eigenen, unverwechselbaren Stil und auch ihren moralischen Kompass zwischen Antirassismus, Feminismus und Underground-Ethos gefunden. Das opulente „Beastie Boys Buch“ erzählt auf über 500 Seiten diese Geschichte und liest sich wie ein Album der Band: Lustig, ungestüm, voller Widersprüche, Einwürfe und Korrekturen von Wegbegleitern, die wie Gastrapper fungieren, erzählt das Buch auch, wie in den 80er Jahren in New York New Wave, Punk, Hip Hop und die Kunstszene fruchtbar kollidierten. Auch wenn Adam Yauch schmerzhaft fehlt: Ein großes Lesevergnügen mit vielen Bildern (Heyne Hardcore).

Christian Meyer-Pröpstl

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Drop – Tödliches Date

Lesen Sie dazu auch:

Einstürzende Musikbrücken?
Die 15. Ausgabe von Acht Brücken könnte die letzte sein – Festival 04/25

Die Musikfestivals sprießen
Schon der Frühling ist Festivalzeit – Unterhaltungsmusik 04/25

Melancholisch und gewaltig
Engin in Köln

Endlich Headliner
Elephant im Tsunami

Salz, Wind und Liebe
Anna B Savage im Bumann & Sohn – Musik 03/25

Altmeister und Jungspunde
Konzerte von und für alle Generationen – Unterhaltungsmusik 03/25

Wärme, Nähe, Authentizität
Noah Derksen in den Hängenden Gärten von Ehrenfeld – Musik 02/25

Klavier statt Karneval
Ein Februar mit guter Musik – Unterhaltungsmusik 02/25

Nicht alle sind supersympathisch
(Kinder-)Geburtstags- und Weihnachtsfeiern on Stage – Unterhaltungsmusik 12/24

Noise, Rap und Migration
Zwischen Bühne und Buchdeckel – Unterhaltungsmusik 11/24

Aggressive Dringlichkeit
Internationale Acts von Rock über Hip Hop bis Avantgarde – Unterhaltungsmusik 10/24

Heftiger Herbstauftakt
Nach Open Air wieder volles Programm in Clubs und Hallen – Unterhaltungsmusik 09/24

Musik.

HINWEIS