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Regisseurin Feo Aladag
Björn Kommerell

Kein Minderheitportrait

17. März 2010

Feo Aladag über "Die Fremde" - Gespräch zum Film 03/10

Feo Aladag, 1972 in Wien geboren, studierte zunächst Schauspiel, dann Kommunikationswissenschaften und Psychologie und absolvierte schließlich einen Aufbaustudiengang Regie. Sie arbeitet als Schauspielerin, schreibt Drehbücher und macht Werbefilme. 2005 gründete sie mit ihrem Mann Züli Aladag die Produktionsfirma Independent Artists. „Die Fremde“ ist Aladags Kinodebüt.

choices: Frau Aladag, haben Sie mit „Die Fremde“ den Fall Hatun Sürücü, die 2005 durch einen sogenannten Ehrenmord ihrer Brüder starb, verfilmt, oder ähneln sich solche Fälle per se?
Feo Aladag: Ehrverbrechen ähneln sich in ihren psychologischen und sozialen Mechanismen und Abläufen. Hatun Sürücüs Fall ist ein Fall unter anderen. Für die Recherche zu meinem Drehbuch habe ich mich mit allen bekannt gewordenen Fällen der letzten 15 Jahre beschäftigt und versucht, daraus eine universelle und fiktionale Geschichte zu erzählen.

Umay ähnelt zunehmend der Protagonistin aus den Anfangsszenen von Fatih Akins „Gegen die Wand“. Beide wollen sich von ihrer traditionalistischen Familie emanzipieren, beide sind von Kekilli gespielt. Fürchten Sie nicht, dass „Die Fremde“ zu sehr an „Gegen die Wand“ gemessen wird, oder wäre ein Vergleich vielleicht fruchtbar?
Ich bin Filmemacherin, nicht meine eigene Rezensentin, und habe keine Angst vor Vergleichen. Die Reaktionen, die ich bisher auf meinen Film bekommen habe, bestätigen dessen Eigenständigkeit. Um nur einen wesentlichen Unterschied zu nennen: In „Gegen die Wand“ flüchtet die Protagonistin vor ihrer Familie. In „Die Fremde“ kehrt sie zu ihrer Familie zurück und möchte von ihr angenommen werden. Das Thema Familie spielt in meinem Film eine wichtige Rolle, und neben der Hauptfigur Umay beschäftigt sich der Film auch eingehend mit den anderen Familienmitgliedern.

Man könnte meinen, der Film spiele Vorurteilen gegen die in einer Parallelgesellschaft lebenden Deutschtürken in die Hände, aber Sie scheinen im Film sehr bewusst eine reiche Palette an jungen Menschen – vom den Vater traditionalistisch noch überrunden wollenden großen Bruder bis zur weltoffenen Chefin – anzubieten ...
Mein Film ist kein Minderheitenportrait, und Klischees interessieren mich auch nicht. Ich habe eine intensive Recherche betrieben und hatte fachkundige Berater an meiner Seite. Zudem erzähle ich eine spezifische Geschichte mit einem universellen Kern, in dem sich Menschen unabhängig von ihrer Herkunft wiederfinden können. Ich erzähle über das Bedürfnis jedes Menschen, um seiner selbst Willen geliebt zu werden, über das universelle Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und über die Schwierigkeiten, über seinen eigenen Schatten zu springen.

Sie selbst stammen aus Wien, ihr Mann Züli Aladag ist einer der wenigen deutschtürkischen Regisseure in diesem Land. Woran mag es liegen, dass sich die große Zahl an Deutschtürken immer noch so wenig im Kino niederschlägt? Verglichen mit anderen Minderheiten in Deutschland ist ihre Anzahl in der Filmbranche sogar auffällig groß. Um nur einige zu nennen: Da gibt es z.B. Ayse Polat, Buket Alakus, Sinan Akkus, Özgür Yildirim („Chicko“). Die nächste Generation der deutschtürkischen Filmemacher steht zum Glück schon in den Startlöchern. Mehr davon, kann ich nur sagen! Der Anteil von Minderheiten sollte sich zunehmend in allen Bereichen der Gesellschaft wiederfinden.

Christian Meyer

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