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"Ehrenpreisträgerin Schnitt" Ingrid Koller mit Werner Busch
Frank Brenner

Österreichs große Editorin

18. Oktober 2021

„Hinterholz 8“ im OFF Broadway – Foyer 10/21

Montag, 18. Oktober: Edimotion, das Festival für Filmschnitt und Montagekunst, ist genauso alt wie das 21. Jahrhundert. Vom 15. bis 18. Oktober 2021 fand es nun in Köln zum insgesamt 21. Mal statt, als erstes NRW-Festival überhaupt in diesem Jahr komplett klimaneutral. Neben den Prämierungen des jeweils besten Filmschnitts für Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme des zurückliegenden Jahres geht auch heuer wieder ein „Ehrenpreis Schnitt“ an eine verdiente Editorin der deutschsprachigen Filmszene. Ingrid Koller, die seit fast 50 Jahren als Editorin arbeitet und in diesem Zeitraum über 60 Langfilme und rund 200 Serienepisoden geschnitten hat, ist sicherlich in ihrem Heimatland Österreich eine der herausragendsten Künstlerinnen in diesem Metier. Ihr zu Ehren hatte Werner Busch, der bei Edimotion für die Sparten „Hommage“ und „Gastland“ zuständig ist, ein kleines Programm mit Kollers herausragendsten Arbeiten kuratiert, das in Anwesenheit der Ehrenpreisträgerin in Köln vor Publikum aufgeführt wurde. Nach dem Eröffnungsfilm „Echo Park“ von Robert Dornhelm und dem Werkstattgespräch mit Koller am Sonntag, die beide im Filmforum im Museum Ludwig stattfanden, lud Edimotion am Montagmorgen ins OFF Broadway, wo Harald Sicheritz‘ „Hinterholz 8“ auf dem Programm stand, den Ingrid Koller im Jahr 1998 montiert hatte.


Werner Busch im Gespräch mit Ingrid Koller, Foto: Frank Brenner

Der erfolgreichste österreichische Film 1998

Obwohl den Film in Deutschland sicherlich nicht viele kennen dürften, mauserte er sich nach seiner Premiere im September 1998 in seinem Produktionsland Österreich zum meistbesuchten einheimischen Film des Jahres. Lediglich „Titanic“ von James Cameron musste er sich am Ende geschlagen geben. Werner Busch wies bei der Einführung darauf hin, dass es „Hinterholz 8“ in Österreich auf sensationelle dreieinhalb Millionen Kinobesucher brachte, bei der damaligen Gesamtbevölkerungszahl von acht Millionen also fast jeder zweite zum Kinobesuch animiert werden konnte. Ingrid Koller resümierte, dass sie seinerzeit besonders stolz darauf gewesen seien, dass ihr Film am Startwochenende sogar besser abgeschnitten hatte als Roland Emmerichs „Godzilla“-Neuverfilmung. Als einen der Gründe nannte die Editorin beim anschließenden Filmgespräch die Tatsache, dass Sicheritz‘ Film mit einer wahren Riege bekannter österreichischer Kabarettisten und Komiker besetzt gewesen sei, die damals alle äußerst beliebt waren und auch noch in zahlreichen anderen erfolgreichen Filmen mitgewirkt hatten. Das gemeinsame Bindeglied für viele von ihnen war Herwig Seeböck (1939-2011), ein Wiener Schauspieler, Kabarettist und Regisseur, der einige Jahre auch als Schauspiellehrer am Max-Reinhardt-Seminar tätig gewesen war. Zu seinen Schülern zählten neben Josef Hader auch Roland Düringer und Alfred Dorfer, die beide neben Seeböck in „Hinterholz 8“ auch in tragenden Rollen mit von der Partie sind. Hinter der Kamera stand mit Walter Kindler Ingrid Kollers Ehemann, mit dem sie im Laufe der Jahrzehnte immer wieder zusammengearbeitet hatte, u.a. auch bei den äußerst beliebten österreichischen Fernsehserien „Kaisermühlen Blues“ und „Oben ohne“. Buschs Nachfrage, ob dieses familiäre Arbeiten irgendwie anders sei, konnte die Ehrenpreisträgerin allerdings nur verneinen.


Editorin Koller beantwortet Zuschauerfragen, Foto: Frank Brenner

Das richtige Komödien-Timing

„Hinterholz 8“ funktioniert als respektlose Komödie über die Tücken bei der Renovierung eines heruntergekommenen Hauses auch heute noch ausgesprochen gut. Gerade im Genre Komödie ist es Koller sehr wichtig, dass die Schnitt-Gegenschnitt-Montage das richtige Timing aufweist. „Da müssen im Schnitt Pausen gelassen werden, damit das Publikum nicht über den nächsten Gag drüberlacht“, sagte die Editorin im OFF Broadway. Drehbücher schaue sie sich eigentlich nie an, für die richtige Schnittreihenfolge reiche ihr die Szenenliste. Den Rest würde sie sich dann anhand des zur Verfügung stehenden Filmmaterials erarbeiten. Gelegentlich kann sie dabei im Schnittraum auch Hilfestellung leisten: „Man kann zumindest versuchen, aus einem schlechten Drehbuch im Schnitt etwas mehr herauszuholen“, so Koller. Das Arbeitsverhältnis zu ihren jeweiligen Regisseuren sei ein ganz besonderes, weil nur im Schnittraum wirklich unter vier Augen gearbeitet werde. Zusammen mit Harald Sicheritz bildete Koller viele Jahre ein eingespieltes Team, die beiden arbeiteten gemeinsam an acht Filmen und zwei großen Serien („Kaisermühlen Blues“ und „MA 2412“). Am Abend werden nun im Filmforum die diesjährigen Schnitt-Preise sowie der „Ehrenpreis Schnitt“ an Ingrid Koller als große Abschlussveranstaltung von Edimotion 2021 verliehen.

Frank Brenner

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