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Es geht aufwärts
Foto: Lilya / Adobe Stock

Unbequeme Stellung

19. Dezember 2019

Trost vom Tod

Ich bin der Tod. Leider habe ich keinen guten Ruf: Ich werde ständig beleidigt. Mal heißt es, ich sei hässlich wie die Nacht. Auf Teufel komm raus werde ich mit einem Teufel verglichen. Langweilige Pfarrer versuchen stets eine ach so persönliche Geschichte zu erzählen, nur weil mal wieder jemand ins Gras gebissen hat. Dabei kennen sie diese Person null, bevor jene polternd in ein anonymes, wenngleich extrem teures Grab mit Sarg und einem traurigen, standardisierten Schrott-Kreuz darauf geworfen wird. Dass jene bei nur 1,5 Quadratmetern klaustrophobische Angstattacken bekommt, ist nicht erstaunlich.

Ich selbst, der Abgang, muss dann wieder die Omma beruhigen, sagen: „Jaja, Hedi, das wird schon wieder. Atme mal ein- und aus. Ein bisschen Lach-Yoga machen. Dann geht es bestimmt wieder aufwärts“, während jene den hässlichsten Holzdeckel aller Zeiten aus ihrer unbequemen angewinkelten Schockstarre für die Ewigkeit anstarrt und ja eigentlich gar nicht mehr atmen kann. Und das, obwohl ihre Verwandtschaft sowieso nicht vorbeikommt, um sich das Trauerspiel anzusehen. Die haben nämlich schon, bevor die Omma den Löffel abgab, keinen Bock mehr auf sie gehabt. Deshalb haben sie sie auch nicht im Hospiz besucht, in das sie am Ende geworfen wurde. In Wahrheit haben sie ihr den Löffel längst vorher aus der Hand gerissen. In dem Moment nämlich, als Hedi gerade genüsslich ihren allerletzten Schmand-Joghurt löffeln wollte. Die haben das nur nicht gesagt. Denn: In Deutschland wird ja alles totgeschwiegen, sobald es peinlich werden könnte.

Apropos: Während in anderen Ländern das Ableben auch mal funky gerockt wird, wird in der BRD auch das Ende total tabuisiert. Man darf überhaupt kein Wort über den Sensenmann verlieren, sonst kriegt man sofort selbst eins mit der Sense übergezogen. Dann ist der Tod tot. Neulich ist mir das wieder passiert. Da musste ich tatsächlich wiederbelebt werden. Oder aber der Sarg, indem man schon Body an Body gemeinsam mit Hedi liegt oder mit 17,5 Hedis, wird aus Spar- und Platzgründen in der Mitte auch noch durchgesägt, um dann in irgendeinem doofen Beerdigungsunternehmen an der Ecke für viel Geld verhökert zu werden. Dann muss ich insgesamt 17,5 Hedis beruhigen, trage 100 blaue Flecken davon und bekomme Durchblutungsstörungen von der Hockstarre. Ja, das ist doch nicht zu glauben. Wieso geht das denn nicht ein bisschen schöner, so wie in Holland, wo ich wenigstens ab- und zu als Ballon fröhlich durch die Luft fliegen darf? Oder so wie in Japan, wo ich als Rakete lustig in die Luft geschossen werde? Da geht wenigstens die Post ab beim Sterben. Hier: Niente.

Nicht mal seinen Hund darf man hier im Vorgarten begraben. Da kommt sofort das Amt. Gewaltsam werden die Gebeine des verstorbenen Wauzis aus dem Garten der Omma, die nix Anderes mehr hatte, entrissen und in Stücke zerhackt. Bevor sie schließlich mit einer Nummer versehen in ein leidiges Hundefundbüro gegeben werden. Parallel dazu wird der verstorbene Heinz, den sie heimlich in einer Urne mit sich rumgeschleppt hat – auch noch brutal entrissen und entsorgt, während die Omma weinend ins Gefängnis geworfen wird. Kostenpunkt für den Prozess: rund 350.000 Euro. Was ist denn das für eine Gesellschaft? Aber aktive Sterbehilfe schräg beäugen. Vielleicht denkt ihr mal drüber nach, wenn mal wieder einer das Zeitliche segnet. Wir sehen uns spätestens beim Ins-Gras-Beißen!

Euer Tod

Hinweis: Wenn Sie depressiv sind oder Selbstmord-Gedanken haben, wenden Sie sich bitte umgehend an die Telefonseelsorge: im Internet unter www.telefonseelsorge.de oder unter der kostenlosen Hotline 0800-111 01 11 oder 0800-111 02 22. Hier helfen Ihnen Berater, die Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.


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Rebecca Ramlow

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