Der Hals der Giraffe
Frankreich/Belgien 2004, Laufzeit: 84 Min., FSK 12
Regie: Safy Nebbou
Darsteller: Sandrine Bonnaire, Claude Rich, Louisa Pili, Darry Cowl, Philippe Leroy
Paul scheint sich bereits mit dem Ableben im Altersheim arrangiert zu haben, auch wenn er gelegentlich zynisch aufmüpft, wie eigenartig es doch sei, im Sterbehaus Geburtstag zu feiern. Da sucht ihn eines Nachts seine aufgeweckte, neunjährige Enkelin Mathilde auf und entführt ihn. Gemeinsam mit ihrem Opa begibt sie sich auf die Suche nach ihrer Großmutter, die Paul und die gemeinsame Tochter Hélne vor 30 Jahren verlassen hat. Hartnäckig treibt Mathilde den flüchtigen Rentner nach Biarritz, wo er einst verlassen wurde. Mutter Hélne stößt derweil bei der Suche nach ihrer Tochter auf Briefe ihrer eigenen Mutter, mit denen diese versucht hatte, wieder Kontakt aufzunehmen. Die Seniorenfreunde im Altersheim können die Flucht Pauls trotz kreativer Verschleierungsaktionen nicht lange verbergen, woraufhin Hélne recht schnell eins und eins zusammen zählt und den Suchenden folgt. Pauls Liebe zu seinem Enkelkind kollidiert inzwischen mit der verlogenen Vergangenheit, die von der Neugier Mathildes nun eingeholt wird und der er sich stellen muss. Und so wird die Vorfreude auf ein Wiedersehen mit der Liebe seines Lebens getrübt von der Furcht vor den Fehlern der Vergangenheit. Mit dem Drehbuchentwurf zu "Der Hals der Giraffe" gewann Safy Nebbou bereits einen nationalen Wettbewerb. Jetzt zaubert er seine Geschichte in seinem Langfilmdebüt auf die Leinwand, begleitet darin drei Generationen und liefert ein wundervoll trauriges Melodram, das er zugleich souverän mit Humor und wunderbaren Glücksmomenten bereichert. Selten wird Trauriges mit so viel Leichtigkeit auf die Leinwand gezaubert: Über generationsübergreifende Lügen, verspäteter Vergebung und verpassten Chancen fabuliert Nebbou ebenso wie über die "Wichtigkeit unsinniger Sachen" und darüber, nicht zu streng nach den Regeln zu leben. Zu optimistischen Klaviermenuetten mahnt und läutert kindliche Neugier die Erwachsenenwelt und stellt begrabene Fragen, denen die drei brillanten Hauptdarsteller nachgehen, um schließlich ins stille Finale gelenkt zu werden.
(Hartmut Ernst)
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24