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Casomai - Trauen wir uns?!
Italien 2002, Laufzeit: 114 Min.
Regie: Alessandro D'Alatri
Darsteller: Fabio Volo, Stefania Rocca, Genaro Nunziate, Mino Manni, Maurizio Scattorin, Sara D'Amario, Paola Bechis, Andrea Collavino, Ada Treves, Michele Bottini, Tatiana Lepore, Francesco Migliaccio, Andrea Jonasson, Barbara Fusar Poli, Maurizio Margaglio

Bei einer Hochzeit streikt plötzlich der Priester und offenbart den verblüfften Gästen seine Zweifel, ob er das Paar in die sichere Katastrophe schicken darf. In einer absurden und vergnüglichen Komödie entwirft Regisseur Alessandro D'Alatri die ebenso frustrierende wie realistische Zukunftsvision einer jungen Ehe. Die sieht in etwa so aus: Nach der Heirat der beiden jungen Mailänder Tommaso und Stefanie, er Mitarbeiter in einer Werbeagentur, sie als Maskenbildnerin in der Modebranche, meldet sich bald Nachwuchs an. Weil nur Tommaso arbeiten kann, wird das Geld knapp, auch in der Werbeagentur wird es immer schwieriger, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bekommen. Stefanie bleibt zunächst zu Hause, fühlt sich aber zunehmend einsam. Bald reden sie nicht mehr miteinander, streiten, ohne zu wissen warum, ein Seitensprung ist die Folge, die Liebe stirbt. Oder ist sie etwa nur verschüttet worden von den zahllosen Einmischungen und Erwartungen, die Freunde, Verwandte, Bekannte und Arbeitgeber an das junge Paar stellen? Trägt auch die Gesellschaft, also wir alle, Verantwortung für das Funktionieren oder Scheitern einer Beziehung? Dies ist die Frage, die Pater Livio auf der Hochzeitsfeier stellt. Schon bald entwickelt sich ein munterer Disput zwischen den Anwesenden, dem sich auch der Kinozuschauer nicht entziehen kann. Sich verlieben, verloben, heiraten und eine Familie gründen war früher die natürlichste Sache der Welt. Heute ist sie zum Politikum geworden: Das Singledasein nimmt zu, immer mehr Paare leben unverheiratet zusammen, trennen sich, formieren sich neu, schieben die Entscheidung für oder gegen Nachwuchs zunehmend hinaus. Ringt sich ein Paar dann doch zur Heirat durch, endet die Ehe in fast jedem zweiten Fall vor dem Scheidungsrichter. Kurzum: die Familie als kleinste Zelle einer funktionierenden Gesellschaft ist nachhaltig gefährdet. Aus dieser brisanten gesellschaftspolitischen Ausgangssituation heraus entwickelt D'Alatri eine berührende und hochaktuelle Komödie. Dabei fordert er die Zuschauer zur Stellungnahme auf und nicht wenige werden das Kino mit dem unguten Gefühl verlassen, Fahrerflucht zu begehen vor der kollektiven Verantwortung, die der Film postuliert. Das Funktionieren einer privaten Beziehung als gesellschaftliche Aufgabe, zu der alle ihren Beitrag leisten können und müssen - eine interessante Fragestellung und Forderung, die "Casomai" in Italien zu einem der erfolgreichsten und meistdiskutiertesten Filme des letzten Jahres gemacht haben.

(Anne Wotschke)

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