Was darf’s sein? Investorenfreundlicher Abriss des Schauspielhauses und Neubau an anderer Stelle? Umnutzung des Stammhauses als Kongresszentrum und Beschränkung des Schauspiels auf das Probenzentrum Central? Oder Sanierung durch einen privaten Bauherrn? Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel hat immerhin gleich mehrere Ruinierungsalternativen parat, wenn es um die Zukunft des Düsseldorfer Schauspielhauses geht. Ohne Not hat das SPD-Stadtoberhaupt eine Diskussion losgetreten, die nicht nur die anfallenden Sanierungskosten thematisiert, sondern gleich die Existenz des zweitgrößten Schauspielhauses der Republik.
Das Haus am Gustaf-Gründgens-Platz muss saniert werden, und zwar innen wie außen. Zum wiederholten Mal. Wieviel das kostet, wird derzeit noch ermittelt. Umso mehr erstaunt Geisels fahrlässiger Katastrophenalarm. Was der OB nicht laut sagt: Den Etat des Düsseldorfer Schauspielhauses wie auch den Aufsichtsratsvorsitz teilen sich jeweils zur Hälfte die Stadt Düsseldorf und das Land NRW. Und das gilt auch für die Sanierungskosten, wenn auch nicht exakt hälftig. Das Land beteiligt sich nur an der Renovierung im Innern – Dach und Fassade muss die Stadt alleine ausbessern. Nichtsdestotrotz – Stadt und Land gehen gemeinsam ins Obligo.
Vom Land ist derzeit allerdings nichts zu hören. Selten war ein Schweigen derart ohrenbetäubend wie das der NRW-Kulturministerin Christina Kampmann. Mehr als ihre öffentlich bekundete Überraschung hatte die Politikerin bisher nicht zu bieten. Zu einer Podiumsdiskussion mit dem OB und Schauspielhaus-Intendanten Wilfried Schulz schickte sie ihren Staatssekretär. Ein Armutszeugnis summa cum laude. Kampmann lässt sich derzeit von ihrem Parteikollegen Geisel nicht nur als schwächliche Ministerin vorführen. Sie akzeptiert auch unwidersprochen, dass ihr Co-Aufsichtsratsvorsitzender die Existenz exakt des Unternehmens infrage stellt, dessen Geschäftsführung er zum Besten des Betriebes eigentlich kontrollieren soll. Mehr noch. Geisel ruft offen zur Zerstörung des denkmalgeschützten Schauspielhauses auf, was bisher nur die oberste Denkmalschützerin des Landes NRW Andrea Pufke kritisiert hat, nicht aber die Ministerin.
Auch wenn sich inzwischen Teile von Geisels eigener Partei, aber auch Grüne und FDP für ein Ende des Streits stark machen – die Diskussion nimmt Züge einer Neiddebatte an. So haben SPD und Grüne Bürgeranleihen für die Sanierung ins Spiel gebracht. Nach dem Motto: Wem am Schauspielhaus etwas liegt, soll gefälligst auch Geld zur Verfügung stellen. Das ist der Beginn einer klientelorientierten Stadtpolitik. Dass der Intendant des Schauspielhauses Wilfried Schulz in einem Beitrag in der Rheinischen Post „die bürgerliche Vernunft und die eigentlich selbstverständliche Verantwortung für Kunst und Kultur der Stadt“ beschwört, zeigt letztlich, wie unbegreiflich oder wie „zukunftsweisend“ die kulturfeindliche Haltung des Düsseldorfer Oberbürgermeisters ist.
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