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„Polemoskop“ am Ebertplatz
Foto: Jan Schliecker

Hell und dunkel

13. September 2019

Ebertplatz Diary: Treppenkunst, Ausstellungen und Musik – Spezial 09/19

Freitag, 6. September, 18 Uhr: Die vierte Kunst-Rolltreppe „Polemoskop“ wird zu Alphorn und Freibier eingeweiht. Zwei Spiegel lassen von der unteren Ebene auf die Straße und umgekehrt blicken. Eine große Spiegelfläche befindet sich in aufsteigendem Winkel auf den Stufen der defekten Rolltreppe, die zweite am Ende einer Metallstange, die wie ein großer Zahnarztspiegel aussieht, aber zugleich unter Verkehrsschildern und Laternenmasten nicht sonderlich aus dem Rahmen fallen soll. Der Rest ist eine Sache von Licht und Perspektive.

Der Entwurf wurde 2018 von den Architekten Wiebke Schlüter, Tim Panzer und Matthias Hoffmann und Fotograf und Filmemacher Jan Rothstein eingereicht und von einer Jury als eines von acht zur Umsetzung ausgewählt.


Matthias Hoffmann, Wiebke Schlüter, Tim Panzer und Jan Rothstein
Foto: Jan Schliecker

Diese sei technisch schwierig und zeitaufwendig gewesen, erklärt uns Tim Panzer und sagt über die Idee: „Wir wohnen alle in unmittelbarer Nähe vom Ebertplatz. Wir wollten etwas machen, das schon mit den Räumlichkeiten arbeitet, mit dieser 70er-Jahre-Idee: Die Autos sind oben und nehmen Raum ein und die Fußgänger sind irgendwie aus dem Stadtbild verschwunden und in dieser unteren Ebene. Aus dieser Separiertheit von oben und unten, für die auch die nicht mehr funktionierende Rolltreppe steht, hat sich die Idee ergeben, die beiden Ebenen miteinander in Verbindung zu setzen, und zwar durch ein optisches Phänomen, ein Gerät eigentlich.“

Der 1,20 Meter große Spiegel am Ende der Stange bestünde aus Sicherheitsglas, der in die Rolletreppe eingesetzte Spiegel messe 5 Meter. „Einmal bringt er Licht nach unten, bringt den Himmel in diese tiefe, dunkle räumliche Situation, und das wird überlagert mit einer Projektion aus der Straßenszene mit Autos, Fahrradfahrern, Fußgängern.“ Die Perspektive, aus der das Werk entwickelt wurde, habe sich vervielfacht: „Jetzt beim Aufstellen haben wir gemerkt, dass es noch tausend andere Perspektiven gibt, die auch interessant sind und unerwartete Beziehungen aufmachen.“ Er selbst sehe gern aus der Ferne das helle Licht, das nun nach unten transportiert wird. Bei Dunkelheit hingegen ergebe sich ein „verzerrtes, flirrendes Bild von Lichtern“, das von Autoscheinwerfern herrühre.

In einigen Wochen soll als fünftes Werk die „Rutsche“ eröffnet werden. Nun gebe es „in der Dichte an wenigen Orten so viel Kunst im öffentlichen Raum“, meint Nadine Müseler vom Kulturamt. Uns gegenüber erklärt sie, dass sich der Vandalismus an der Treppenkunst in Grenzen halte, jedoch habe jemand die Arbeit „PASS“ auf dem Kieker und mehrfach die Kabel herausgerissen, die nun besser geschützt würden.

19 Uhr: Es riecht nach Fichtenwald. Sebastian Fritzsch (*1977 in Köln), Filmemacher und Bildender Künstler, der sich viel Inspiration aus der Tier- und Pflanzenwelt holt, hat sich mit seinen Tuschezeichnungen, Collagen, Objekten und Skulpturen und mit „Nadeln von Fichten, die im Bergischen vor meinem Fenster stehen“ der Galerie Gold + Beton bemächtigt. Leiterin Meryem Erkus findet das gut, sie hat ihn eingeladen, als sie 2018 ihn und seine Arbeiten in Antwerpen bei einer Gruppenausstellung kennengelernt hat.


Sebastian Fritzsch bei Gold + Beton
Foto: Jan Schliecker

Fritzsch sieht die beiden Räume des Gold + Beton als „Schutzraum“, die Ausstellung mit dem Titel „Kammer“ zeige „Verletzungen, zugleich aber auch Behausungen, Kokons, in denen man überwintern kann, aber auch nicht mehr hinauskommt“. Seine Kunst, die mit Fotografie und Zeichnungen begonnen habe, sei von der Natur angeregt und „geht auch wieder dahin zurück“, die Wiederkehr von Motiven sei eine „ritualisierte Form des Abarbeitens an einem Alphabet“, das er innerhalb der Ausstellung gern in neuen Anordnungen auf andere Kontexte treffen lasse. (Bis 6.10., Mo-So 15-20 Uhr.)

Ebenfalls neu an diesem Abend die Ausstellung „Secret Sundays“ bei Bruch & Dallas, ein Gemeinschaftsprojekt von 19 Kunststudenten der Kunstakademie in Düsseldorf – die auch alle anwesend zu sein scheinen – um eine im hinteren Raum anzutreffende mythologische Frauenfigur, mit feministischer Fragestellung in der Darstellungsweise, unter dem Eindruck einer Erzählung von Ingeborg Bachmann („Undine geht“). (Bis 5.10., tägl. 15-20 Uhr.)

Donnerstag, 12. September, 18 Uhr: Es ist das vorerst letzte Konzert, das die Reihe „Live auf der Kulturbühne“ dieses Jahr auf dem Ebertplatz präsentiert. Drei Termine gab es bereits, hauptsächlich DJs und Bands mit einer Mischung aus Elektronik und Pop. Auch der heutige Auftritt des Duos Shari Vari fällt in diese Sparte. Über dem Ebertplatz hat sich, trotz des etwas unfreundlichen Wetters der letzten Tage, angenehmer Sonnenschein eingestellt und der Brunnen rauscht fröhlich vor sich hin. Erste Gäste hören bereits dem Soundcheck von Shari Vari zu, die angeregt mit dem Tontechniker diskutieren.


Shari Vari auf dem Ebertplatz
Foto: David Savelsberg

Als DJ Jan Lankisch die Plattenteller zwischen der Galerie Bruch & Dallas und African Drum anwirft, sammeln sich langsam die Zuhörer. Und als um halb sieben Helena Ratka (35) und Sophia Kennedy (30) aus Hamburg die kleine Bühne betreten, herrscht dann auch schon ein reger Andrang auf der Westseite des Platzes. Das Publikum ist gemischt, zwischen Studenten und Familien sind auch ältere Menschen da, immer wieder kommt oder geht jemand. Wer keine Lust hat zu stehen, zieht sich einen der bereitgestellten Liegestühle dorthin, wo er sitzen möchte. Der dynamische Zuschauerraum macht einen großen Teil des Charmes aus, viele nutzen das Konzert nur als Hintergrundmusik für ihre Gespräche und machen es sich weiter in der Sonne bequem.

Shari Varis Musik ist experimenteller Elektro-Pop in Reinform: Zwischen Keyboard, Beats vom Launchpad und Live-Percussion von Helena Ratka singt Sophia Kennedy auf Englisch über die Absurdität des Lebens und wechselt dabei immer wieder zwischen nachdenklich-melancholischen und groovig-energetischen Tracks. Mit dem Ende des Konzerts um acht verstreut sich die Menge wieder, aber ein positives Gefühl bleibt.

Termine: 13.9. 19 Uhr Vernissage Labor | 19.9. 18 Uhr dublab Sound Journey | 21.9. 14-21 Uhr Ebertplatz erleben | 26.-29.9. 18 Uhr Offene Musikbühne | 3.10. EbertPänz Konzert | 11.10. 19 Uhr Vernissagen Bruch & Dallas / Gold + Beton

David Savelsberg, Jan Schliecker

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