Eine erstaunliche Ausstellung. Erst recht da es um Architekturfotografie geht, deren dokumentarischer Charakter eine einheitliche Präsentation verspricht. In der aktuellen Ausstellung der Photographischen Sammlung im Mediapark aber ist kein Wandsegment wie das andere gestaltet. Die fotografischen Bilder sind ebenso in linearen Sequenzen wie im kompakten Block angeordnet, und dann hängen einzelne Fotografien für sich, zudem auf verschiedener Höhe. Einmal sind die Aufnahmen in s/w, dann wieder farbig, einmal moderat im Format, dann wieder überlebensgroß. All das führt dazu, dass Sehen und Bewegen in dieser Ausstellung abwechslungsreich bleiben.
An der Stirnwand gegenüber dem Eingang zieht eine monumentale Farbfotografie alle Blicke auf sich: „Bad Deutsch-Altenburg (Hollitzer Baustoffwerke)“ (1992) zeigt panoramatisch den Abbau einer Landschaft, von erhöhter Position aus. Im Vordergrund kippt die Ansicht nach unten. Wird im dortigen Gestein zunächst alle Dynamik gestoppt, so lenkt die Weite dahinter die Aufmerksamkeit auf die Förderanlagen und eine bewaldete Anhöhe, ein Effekt, der im Verhältnis zu den anderen Fotografien noch gesteigert wird. An der Längswand hängt etwas versetzt ein Block aus kleinen s/w-Querformaten: in 12 Reihen zu 28 Kolonnen, wobei rechts unten zwei Stellen freigelassen sind. Zu sehen sind Funktions-, Repräsentations- und Sakralbauten, etwa schräg nach oben oder aus großem Abstand oder rein als Fassade. Gemeinsam aber sind die konzentrierte Fokussierung und das Herausgreifen aus der Umgebung. Alle Fotos sind für einen Architekturführer 1982-84 in Wien aufgenommen. Im Nebeneinander außerhalb des Buches aber wird deutlich, wie komplex das fotografische Vorgehen gewesen sein muss: Es bedenkt jeweils, wie sich der Besucher den Bauwerken nähert und was eben ihr Wesen ausmacht – und worauf wiederum der Architekt besonderen Wert gelegt hat.
Dieses Verständnis für den Ort aber zeichnet sämtliche Aufnahmen dieser Ausstellung aus, ja, alle formale Verschiedenheit ist das Resultat einer durchgehenden Herangehensweise. Fotografin ist Margherita Spiluttini. Geboren 1947 in Schwarzach bei Salzburg, lebt sie heute in Wien. Sie fotografiert in ihrer Heimat und dessen Nachbarländern einzelne Bauten und die Veränderung des Stadtbildes und die Eingriffe durch Architektur in die Landschaft und auch, wie Landschaft mittels dieser Architektur neu gesehen wird. Daneben stammen von ihr „richtige“ Interieurs, die sich dem Haus als Lebens- und Arbeitssphäre widmen. Angesprochen ist das Verhältnis von Aura und Dienendem der Räume.
Margherita Spiluttini, die auch den Umbau und die Raumstruktur in Museen fotografiert hat, kultiviert das Sehen als Methode des Erfahrens. Dies ist nun auch Thema der Kölner Ausstellung, die einer Installation ähnelt. Dazu gehört ein Tableau aus Spiegelflächen, welches den Außenraum nach innen transportiert und den Betrachter als Rezipienten, der selbst zugegen ist, vergegenwärtigt. Dazu gehört auch, dass sich vereinzelte kleinere Aufnahmen, die in der Ausstellung beiläufig verteilt scheinen, im Kopf zu einer Werkreihe zusammenschließen. Sie demonstrieren die Aufbewahrung der Fotonegative in Karteischänken und Ordnern und sprechen damit Spiluttinis Umgang mit dem eigenen Fotoarchiv an. Konsequenterweise hat sie in ihre Ausstellung das Thema des Archivs als Form der Konservierung und des Vergleichs integriert, als Raum im Raum, in dem dokumentarische Fotoserien als Projektion ablaufen. Und natürlich geht es Spiluttini auch darum, die Aufgaben und die Verantwortung ihres Mediums zu befragen. Für uns als Ausstellungsbesucher ist das vielschichtig, etwas viel auf einmal, aber immer wieder aufs Neue eindrucksvoll. Eine engagierte Ausstellung und eine Lehrstunde des Kuratierens.
„Margherita Spiluttini – Archiv der Räume“ | bis 24.1. | Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur | 0221 88 89 53 00
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