Lupo ist ein Wolfsjunges, das sich häufig Sorgen macht. Zu wenig Mut, zu klein, nicht wild genug – Lupo hat das Gefühl, dass er nicht wölfisch genug ist. Er versucht, seine Unsicherheit zu überspielen, indem er so tut, als sei er mutiger, größer und wilder. Doch das bring ihn nur zu weiteren Sorgen in einer Rolle, in der er sich nicht wohlfühlt, und er weiß nicht weiter. Erst im Gespräch mit seinem besten Freund Pablo kann er sich öffnen und über seine Ängste sprechen. Schnell stellt sich heraus, dass die Sorgen leichter werden, wenn man sie teilt. Pablo hat einige Tipps auf Lager, wie Lupo besser damit umgehen kann. Letztlich bringt Lupo das zu unerwarteten und befreienden Erkenntnissen.
Eine Geschichte über den achtsamen Umgang mit eigenen Sorgen ist im Umfeld von Wölfen zunächst einmal nicht naheliegend, doch genau hier funktioniert die zusätzliche Ebene des ‚So tun, als ob‘, das den kleinen Wolf nicht weiterbringt. Die Erzählung berührt damit auch stereotype Rollenvorstellungen und vermeintliche Erwartungshaltungen. Vor allem aber lädt die Geschichte dazu ein, sich mit eigenen Ängsten auseinanderzusetzen, um sie anschließend gedanklich wie eine Seifenblase fortzupusten. Das Buch vermittelt in kurzen Texten außerdem, dass manchmal allein Ablenkung guttut und dass andere ähnliche Ängste und Sorgen teilen, auch wenn man das zunächst gar nicht vermutet. Eine weitere wichtige Botschaft ist, dass Sorgen kommen und gehen und das Wolfsjunge die Kraft in sich selbst finden kann, sie loszulassen. Davon angeregt können die kleinen Achtsamkeitsübungen nach dem (Vor-)Lesen gleich in die Tat umgesetzt werden.
Die großformatigen Bilder des Buchs haben ihren ganz eigenen Charme und unterstützen die Leichtfüßigkeit, die die Erzählung ausstrahlt. Mit einer Kombination aus wilden Linien, Wasserfarben und weiteren Techniken hat Autorin Catherine Rayner ihre Geschichte in natürlichen Farben und Schattierungen selbst illustriert. In diesem Stil hat sie schon mehrere ihrer Kinderbücher mit Geschichten aus dem Tierreich lebendig werden lassen. Inspiration dazu liefern ihr ihre Haustiere, ein Pferd, eine Katze und ein Goldfisch. Für ihre Illustrationen wurde sie bereits mit der Kate Greenaway Medal ausgezeichnet.
Lupo, was bedrückt dich? | Catherine Rayner | Aus dem Englischen von Sylvia Tress | Esslinger | 32 S. | 15 Euro | Ab 3 Jahren
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