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Geburtstagsfeier mit Renaud Garcia-Fons
Foto: J. Scheffner

Zweimal 40 Jahre

01. März 2009

Thekenplätze für den anspruchsvollen Jazzfreund sind rar - Improvisierte Musik in NRW 03/09

Es ist vollbracht. Die Zeit der dumpfbackigen und viel zu laut dröhnenden Karnevalsmusik – regional mal mehr, mal weniger – ist überstanden. Zu keiner Zeit tummeln sich mehr Terroristen des guten Geschmacks auf den bunten Bühnen des Frohsinns als in der närrischen Zeit. „Jedem Idioten ein Instrument“, so könnte man vermuten, eine verschwiegene Generation scheint die aktuelle NRWWunsch- Parole bereits privat realisiert zu haben. Eigentlich erinnern die Karnevalsmusikanten, die im Rheinland nicht umsonst „Kräfte“ genannt werden, an die Heroen der deutschen Freejazz-Szene – ein kraftvolles „Das kann ich auch“ statt musikalischer Ausbildung, ein knalliges Kostüm statt Langhaar und Brille, Reduktion musikalisch-akademischer Formensprache auf einen dumpfen Rhythmus, der irgendwie etwas mit Urinstinkten zu tun hat, bei Narrelesen etwa Rammeln oder Schunkeln … Spaß beiseite. In diesen düsteren Tagen für Jazzohren, wo die karnevalsfreien gastronomischen Zonen so rar wie Kneipen sind, die noch nicht zu Raucherclubs mutierten, werden Orte noch wertvoller, an denen sich der Jazzfreund wohl fühlen darf. In Köln ist dies ein Lokal, das seinen Namen der Erfindung eines für Pennäler nervenden Instruments verdankt: Das Metronom, die Kneipe des Jazz-verliebten Bäckers Friedel Doetsch, wurde in diesen Tagen 40 Jahre alt. Zu diesem Anlass erschien ein Buch über diese kleine, von Rauch geschwängerte Kneipe, die heute der Texaner Chris Bishop führt. Darin verrät z.B. Schauspielerin Marion Radtke, dass im Fundus dieses für seine spektakuläre Vinyl-Sammlung berühmten Lokal auch eine Schallplatte mit dem „großen Narhalla Orchester“ befindet: Sie ist allerdings in ein Behältnis namens „Giftschrank“ evakuiert. Trotz solch drastischer Maßnahmen bleibt das Metronom einer der tolerantesten und weltoffensten Plätze in Köln, und seine Schließungszeiten umschrieb der Urbesitzer Friedel einst mit dem einzig treffenden Terminus: „Soft closing“. Wichtiger für die Liveszene in NRW ist eine weitere Hör-Oase, die in diesem Monat ihr 40jähriges Bestehen feiert: Das domicil in Dortmund bietet heute nach seinem Umzug ins neue Gebäude gleich bei der Konzerthalle die Hochglanzausgabe eines Jazzclubs. Drückten sich im ursprünglichen Keller in den 80ern Stars wie Chet Baker, Betty Carter, Baden Powell oder die deutsche Ikone Albert Mangelsdorff die Klinke in die Hand, so funktioniert das heutige domicil wie eine Jazzbar mit modernem Clubambiente und einem perfekten Konzertsaal. Diese paradiesischen Umstände resultieren wie in den meisten Fällen nur aus einem Grunde: einer privaten Initiative. Bis zu 100 aktive Mitglieder arbeiten ehrenamtlich und gemeinnützig im domicil mit, opfern jährlich zusammen mindestens 5.000 Stunden Freizeit und sind das eigentliche Herz des domicil. Hier feiert der Verein am 14.4. mit einer langen WDR 3 Jazznacht sich selbst und den Wunderbassisten Renaud Garcia Fons und dessen neue Band, und der legendäre Highnote-Trompeter Lew Soloff präsentiert in seinem Quartett Jazzgiganten wie den Trommler Billy Hart. Am 30.4. gastiert dann die gesamte Big Band des WDR mit der Tenorlegende Joe Lovano – das knüpft direkt an die guten alten Zeiten des Jazz. Wir drücken in Köln und in Dortmund weiterhin die Daumen und freuen uns zuversichtlich auf zwei runde 50iger.

www.metronom-buch.de I www.domicil-dortmund.de

Olaf Weiden

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