Immer mehr Spielstätten der klassischen Musik haben eingesehen: Nur mit ihren angestammten Programmen wird es auf Dauer schwer, sich die Daseinsberechtigung zu erhalten. Deshalb bauen Institutionen wie das Dortmunder Konzerthaus, die Kölner Philharmonie oder die Düsseldorfer Tonhalle immer öfter Reihen in ihre Spielzeiten ein, die Pop in seinen ehemals untergründigen Auswüchsen thematisieren. Das nicht allein, um sich einem jungen Publikum bekannt zu machen, sondern deshalb, weil sie sehen, dass diese Musik die Würde des Konzertortes trägt.
Am Deutlichsten setzt das Konzerthaus dieses Bestreben um. Dort wurde schon vor ein paar Jahren das sogenannte Pop Abo installiert, das konsequent auf Künstler setzt, die normalerweise in klassischen Pop- und Rock-Lokalitäten ihre Shows aufführen. Die jungen KuratorInnen dieser Reihe sind selbst ständig in der Welt des Pop unterwegs, um nach neuen Talenten Ausschau zu halten. Für die vergangene Spielzeit fanden sie mit Acts wie Junip, Alexi Murdoch oder Chilly Gonzales Künstler, deren Klasse zweifelsohne auch jenseits altbackener Kulturmaßstäbe beachtet wird.
Eine weitere Kulturveranstaltung, die einen verbindenden Geist in sich trug, war das Duisburger Festival Traumzeit. Im Landschaftspark Nord in Meiderich wurden Stile von Klassik bis Pop in einem rauen Ambiente nahezu perfekt miteinander verwoben. Leider konnte die Stadt Duisburg trotz vieler Proteste die Finanzierung der Veranstaltung in diesem Jahr nicht garantieren, weshalb die Traumzeit ausfallen musste. Es wäre für den Kulturstandort Duisburg und die gesamte Region geradezu fatal, wenn diese Aussetzung Dauerzustand bliebe.
Wenn man sich all diese positiven Beispiele ansieht, muss man sich unweigerlich fragen, warum die RuhrTriennale als bedeutendstes Festival der Künste im Ruhrgebiet sich dem Pop nur in sehr zögerlichen Schritten nähert. Zwar stehen Acts wie die japanische Experimentalband Boredoms (spielten zu Beginn des Festivals Mitte August auf der Halde Haniel) und der ebenfalls japanische Komponist Ryuichi Sakamoto (am 30. September gemeinsam mit alva noto in der Bochumer Jahrhunderthalle) Pop und Rock nicht völlig fern – aber dabei bleibt es auch. Darüber hinaus gibt es keinen Brückenschlag in das Feld, das nach gewohnten Maßstäben als Pop beschrieben wird.
Dabei gäbe es in der Populärmusik zweifellos genügend Künstler, die einen besonderen Rahmen in einer der wunderschönen Spielstätten der RuhrTriennale ausfüllen könnten. Außerdem hätte ein Schritt in diese Richtung den angenehmen Nebeneffekt, dass neue Interessensgruppen und nicht zuletzt Medien an das Festival herangeführt werden könnten. Ein Schritt, der der seit Längerem ein wenig an den Menschen vorbei stattfindenden RuhrTriennale sicher helfen würde. Beispiele, wie es gehen könnte, sind mittlerweile zahlreich.
Live: Die RuhrTriennale läuft noch bis zum 30. September. Am Schlusstag spielen Ryuichi Sakamoto und Carsten Nicolai alias alva noto in der Bochumer Jahrhunderthalle.
www.ruhrtriennale.de
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