Duisburg ist eine faszinierende Großstadt. Die Duisburg Marketing Gesellschaft (DMG) vermarktet die kulturellen und touristischen Highlights dieser Stadt in enger Kooperation mit den ansässigen Verbänden, Organisationen und Unternehmen. So steht es auf der Homepage. Rechts gibt es sogar einen Button für Souvenirs. Die unvermeidliche Piep-Eieruhr mit Steigerlied, das Sparschwein „Ruhrpottgespräche“ und den Schlüsselanhänger „Kniende“ mit Wilhelm Lehmbrucks Skulptur von 1911 en miniature. Ein Link führt zu meinen Kindheitserinnerungen an alkoholfreien Erfrischungsgetränken: der Sinalco. Ob im Schwarzwald oder an der Ostsee, für alle Bier, der Junge kriegt ne Sprudel – also das orange Zeug aus Südfrüchten und einheimischen Obstarten.
Ein weiterer Link führt online zur Broschüre „Älter werden in Duisburg“ und zur Aussage „Duisburg hat sich als Kulturstadt einen Namen gemacht“. Das stimmt. In den letzten Jahren ist die Stadt, die nicht weiß, ob sie Rheinland oder Ruhrgebiet ist, in aller Munde. Aber nicht wegen kultureller Highlights. Und so findet sich natürlich nicht der wichtigste Link des Monats unter den „News“ (Neuigkeiten). Der wichtigste Link in Duisburg ist der Oberbürgermeister Sören Link, natürlich kulturloser Sozialdemokrat, von der Bezirksregierung stromlinienförmig ausgebildeter Technokrat und als Landtagsabgeordneter bis 2012 eher für Belangloses wie Schulpolitik zuständig. Jetzt macht er sich als OB in Duisburg einen Namen und erklärt, dass das für die Ruhrtriennale 2014 im Duisburger Lehmbruck-Museum geplante Kunstwerk des international renommierten Raumkünstlers Gregor Schneider nicht realisiert werden könne. Kurzfristig teilt er das dem Intendanten der Ruhrtriennale Heiner Goebbels telefonisch (!) mit. Begründung: Ungeachtet weiterer Prüfungen durch das Bauordnungsamt passe das Kunstwerk „Totlast“ zum jetzigen Zeitpunkt nicht in die Stadt.
Juchee, man muss sagen, Tatsache: Duisburg macht sich als Kulturstadt mal wieder einen Namen. Da haben sie echt recht. Goebbels bezeichnete die Absage sofort als „Affront gegen die Freiheit der Kunst“, aber eine solche Aussage würde ja bedeuten, dass sich hinter diesem Vorgang wenigstens eine Haltung verbergen würde. Dahinter steckt aber lediglich die Arroganz eines politischen Amtes und die Hoffnung auf ein wenig Aufmerksamkeit im Medienwald von einem, dessen einzige kulturelle Errungenschaft es war, eine Stichwahl zu überleben. Seit sieben Monaten ist das Wesen des Kunstwerks bekannt. Schneider baute bereits an einem Tunnelsystem fürs Museum, hatte baurechtliche Genehmigungen. Jetzt plötzlich „passen“ die Röhren nicht mehr in die Stadt? Wären vielleicht die Badezimmer aus Köln (Installation „Neuerburgstrasse 21“, 2014) besser gewesen? Oder eine verhüllte Synagoge wie inPulheim (Installation „Hauptstraße 85a“, 2014)? Oder sind die Bürger der Stadt einfach nicht reif für zeitgenössische Kunst, klammern sich heimlich lieber an ihre Schlüsselanhänger mit der Knieenden? Und wählen deshalb solche drittklassigen Politiker.
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