Zum 17. Mal findet das jährlich durch die größeren Städte der Nation tourende Festival zum schwul-lesbischen Film statt. Merkwürdigerweise nicht in Hamburg, dafür aber in München, Frankfurt und Berlin. Und in der schwul-lesbischen Hochburg Köln natürlich. Vom 10. bis zum 17. April gastiert das Festival mit gut 50 Filmen im Cinedom.
Die Protagonisten vieler der hier gezeigten Filme sind jung und entdecken gerade erst sich und ihre Sexualität. Filme über die Adoleszenz, also so genannte Coming of Age-Filme, sind bei einem Queerfilmfestival natürlich meist auch Filme über das Coming Out. Das gestaltet sich hierzulande wahrscheinlich anders als in anderen Ländern und Kontinenten. In Japan funktioniert die gesellschaftliche Normierung und Überwachung trotz aller punktuellen Extreme zum Beispiel recht gut. Das bekommen auch Eri und Ichiko in "Love my Life" von Kôji Kawano zu spüren. Sie sind zwar ganz normale Studentinnen, aber eben lesbisch. Ichiko stößt bei ihrem Vater auf Verständnis, da er ebenfalls homosexuell ist, Eris Vater weist seine Tochter jedoch zurück. Sich außerhalb der Familie, im Alltag zu outen - das traut sich sowieso keiner. Die Situation belastet die Beziehung und die beiden jungen Frauen müssen sich, jede für sich, von Neuem mit ihren Gefühlen auseinandersetzen.
"Falkenberg Farewell" zeigt zu Beginn ein kurioses Drive in-Bingo auf einem öden Parkplatz im Industriegebiet. Der realistische, an Dogma erinnernde Debütfilm von Jesper Ganslandt skizziert unaufgeregt das Leben von fünf Twenty-Somethings in einer schwedischen Kleinstadt, deren Absprung in die weite Welt nicht klappen will. Die dröge Gegenwart fängt Ganslandt flüchtig ein: Slacker in Schweden. Doch dann passiert etwas Schreckliches. Ein atmosphärisches Kleinstadt-Portrait mit tollem Soundtrack.
"One to Another" von Pascal Arnold und Jean-Marc Barr ("Lovers", Dogma #5) setzt bei etwas jüngeren Provinzlern ein: Eine Clique von vier Jungs und einem Mädchen lebt sorgenfrei in einer französischen Stadt. Der sexuelle Umgang ist locker, auch zwischen den Jungs, und das Mädchen ist allen zugeneigt, sogar ihrem Bruder. Als dieser tot aufgefunden wird, sucht es verzweifelt den Mörder und setzt dafür seine manipulativen Fähigkeiten, aber auch seinen Körper ein. Der Film spürt einem schockierenden Ereignis nach, dass sich tatsächlich in Frankreich zugetragen hat.
Geringfügig weniger dramatisch geht es bei "Was am Ende zählt" zu. Der in Berlin angesiedelte Film erzählt von Carla, die sich mit dem von ihrem Vater gestohlenen Geld ihren Traum vom Modestudium in Lyon erfüllen will. Schon am Bahnhof hat sie ausgeträumt: Man klaut ihr ihren Koffer und das gesamte Geld. Sie kommt bei Rico unter, der sie sexuell bedrängt. Aber bei ihm findet sie Arbeit, um doch noch nach Lyon zu kommen. Über Rico lernt sie auch die kecke Lucie (Marie Luise Schramm aus "Bin ich sexy?") kennen. Als Carla schwanger wird, schmiedet sie mit Lucie einen Plan, der beide Mädchen zusammenhält. Viele der Filme auf dem diesjährigen Festival kreisen um das Thema der Identitätsfindung und eröffnen eine Perspektive auf ein anderes Leben. Damit gibt sich "Verzaubert" auch nach fast 20 Jahren jung und unverbraucht.
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