Es ist wieder einmal soweit: Nordrhein-Westfalen präsentiert eine Leistungsschau seiner Tanzszene. Von Münster bis Bonn, von Aachen bis Viersen zieht sich das Netz der Veranstalter, die in neun Städten – denen sich nun auch Mülheim an der Ruhr angeschlossen hat – ein Netzwerk der Tanzkunst spannen. Die interessantesten Produktionen, die in den letzten beiden Jahren im Land entstanden sind, werden von Stadt zu Stadt gereicht. Das Festival tanz nrw stellt sich auch als ein Instrument zur Förderung dar – so wurden von den 134 Bewerbungen letztlich 24 Choreografien von einer Jury für das diesjährige Programm ausgewählt. An zwölf Spielstätten soll die Entwicklung der Tanzkunst sichtbar gemacht werden, denn NRW stellt immer noch die dichteste und künstlerisch innovativste Tanzszene der Republik.
Heike Lehmke, die mit ihrem Team vom NRW Landesbüro Tanz das Festival organisiert, erinnert an die Tradition des Formats, das seit 17 Jahren existiert und in der Zeit jungen Choreografinnen den Weg in die Szene erleichtert hat, die so heute ihren festen Platz in der Tanzlandschaft gefunden haben. Zu ihnen gehört Lili M. Rampre, deren Installation „Authorised“ diesmal in allen Festival-Städten zu sehen sein wird. Mit der Festivalsektion „Sprungbrett“ und dem Projekt „Tanzrecherche NRW“, das vom NRW Kultursekretariat organisiert wird, präsentieren junge Künstlerinnen und Absolventinnen der Hochschulen die Ergebnisse ihrer experimentellen Arbeit in Düsseldorf, Essen, Köln, Bonn und Krefeld.
Eröffnet wird das Festival von dem Düsseldorfer Choreografen Ben J. Riepe und seinem Stück „Geister – Fragmente XL“ im Depot des Schauspiels Köln: eine Produktion, die mit Analogem und Digitalem spielt und voller visueller Überraschungen steckt. Ganz ohne digitale Effekte, allein durch den Zauber, den männliche und weibliche Körper zu entfalten vermögen, kommt „My Body is Your Body“ von Overhead Project aus. Die Kölner Produktion, die subtil mit Blicken und Voyeurismus spielt, wird in Bonns Theater im Ballsaal zu sehen sein.
Wie schon in den letzten Ausgaben des Festivals gehören Produktionen von Alexandra Waierstall zu den Highlights des Programms. Mit „Annna³. The World of Infinite Shifts“ bietet sie im Zusammenspiel mit dem Komponisten Hauschka und der Lichtdesignerin Caty Olive ein sinnliches Spiel mit jenen Spuren des Körpers, die sich in unsere Erinnerung einschreiben, weil sie so überraschend und intensiv zugleich sind. Es tanzt ein weibliches Trio, das seinen Auftritt in Wuppertal im Theater am Engelsgarten hat.
Neben den künstlerischen Darbietungen soll das Festivalpublikum ein attraktives Bonusprogramm erhalten, das aus sogenannten „Instructions“ besteht. Im Vorfeld des Abends wird man auf die körperlichen Bewegungsprinzipien der jeweiligen Choreografie eingestimmt. „Raus aus den statischen Publikumsgesprächen, lautet die Devise“, erklärt Heike Lehmke, „niemand muss sich fürchten, man muss nichts können, um mitzumachen, nur eine bequeme Hose könnte nützlich sein“.
Ist die Vorstellung zu Ende gibt es ein „Nachspüren“, auch das angeleitet von Tanzdozenten. Das Festival bietet den Blick in den Backstagebereich: Man kann in die Proben hineinschnuppern oder ein Gespräch mit den Künstlerinnen führen. Wer das einmal erlebt hat, ist ein für alle Mal der Tanzkunst verfallen.
tanz nrw | 8. - 19.5. | div. Orte | tanz-nrw-aktuell.de
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