Der August lädt ein zu entspannten Abenden am Rheinufer oder in den Parks der Stadt. Tagsüber kann man schön an Baggerseen rumlungern. Obwohl … das Wetter ist in diesem Sommer wieder unberechenbar. Aber auch wenn die Sonne tatsächlich glühend heiß vom Himmel scheinen würde, es gäbe im August eine beträchtliche Anzahl von Menschen in Köln, die die Dunkelheit vorzögen. Was für andere unverständlich, ist für einige seit Jahren Pflicht: Kino von Mittag bis Mitternacht, und das mitten im Sommer. Das Fantasy Filmfest wird auch in diesem Jahr die Fans von Fantasy, Horror, Splatter und Science Fiction anlocken. Der Termin ist schon lange dick im Kalender markiert, und das Wetter spielt dabei überhaupt keine Rolle. Unberechenbarer Sommer hin oder her, am unberechenbarsten sind in diesen Tagen die Geschehnisse auf der Leinwand. In einem kann man sich aber gewiss sein: Die Filme werden einen das Fürchten lehren.
Das Fantasy Filmfest geht nun schon in die 22. Runde – Ermüdungserscheinungen sind weder auf Seiten der Macher noch bei den Zuschauern zu merken. Jedes Jahr werden hier Filme am Fließband gezeigt – in diesem Jahr sind es knapp 70! Darunter findet sich viel Genre-Kost für die Hardcorefans. Es gibt aber auch immer wieder aus dem Gros herausstechende Autorenfilme wie den israelischen Animationsfilm „Waltz with Bashir“ von Ari Folman über den ersten Libanonkrieg und die traumatischen Erinnerungen daran. Auch der in diesem Jahr als ‚Centerpiece’ programmierte schwedische Beitrag „Let the right One in / So finster die Nacht“ erscheint ungewöhnlich. Die eigentlich wenig zimperlichen Fans des fantastischen Films bekommen doch wohl keinen Jugendfilm aufgetischt? Der Film erzählt von Oskar, der regelmäßig von seinen Klassenkameraden gehänselt wird. Als die faszinierende Eli ins Nachbarhaus einzieht, entsteht zwischen den beiden 12Jährigen eine zarte Freundschaft. Abgesehen vom Titel klingt das nun wirklich nicht nach dem neuen Schocker aus Skandinavien. Vielleicht sollte man, um die Stimmung des Films anschaulich zu vermitteln, noch erwähnen, dass mit dem Auftauchen von Eli einige unerklärliche Morde geschehen. Das vermeintliche Jugenddrama von Tomas Alfredson ist wohl doch kein Querschläger eines Kinderfilmfestivals, sondern ein würdiger Vertreter der fiesen Fantastik.
Ein weiterer Film aus dem Norden könnte im Publikum ein echter Hit werden. Skandinavien und besonders Dänemark sind ja bekannt für ihre schwarzen Komödien – von „Adams Äpfel“ und „Dänische Delikatessen“ bis zu „Die Kunst des negativen Denkens“ und „Alien Teacher“, die beide demnächst in unsere Kinos kommen, zuvor aber schon hier zu sehen sein werden. “How to get rid of the Others” scheint aber noch mal einen drauf zu setzen. Die Regierung beschließt, alle Sozialschmarotzer im Land – Arbeitslose, Alkoholiker, Behinderte und Obdachlose – in ein schnell zum Konzentrationslager umfunktioniertes Schulgebäude zu pferchen. Wenn sich nach den Befragungen der Verdacht erhärtet, dann werden diejenigen auch gleich liquidiert. Der Film von Anders Rønnow Klarlund klingt nach bitterbösem Sarkasmus.
Viel Spaß verspricht “My Name is Bruce”. Bruce Campbell, bekannt aus „Tanz der Teufel“ und anderen Filmen von Sam Raimi, ist nicht nur Regisseur des Films, er spielt sich auch gleich selbst. Einer seiner Fans kidnappt ihn, um mit seiner Hilfe ein Bergarbeiterstädtchen von einem Monster zu befreien. Klar, dass Campbell, der Schauspieler, die Kleinstädter enttäuscht. Die hatten schließlich den Helden aus den Splatterfilmen erwartet. Im Film spielt ein gewisser Ted Raimi mit. Na, wenn das nicht der Sohn von … Guten alten Bekannten begegnet man zwischen all den jüngeren Regisseuren auf dem Fantasy Filmfest auch. „Mother of Tears: The third Mother” ist der dritte Teil einer von Altmeister Dario Argento mit seinem Meisterwerk “Susperia” in den 70er Jahren begonnenen Trilogie. Mit dabei sind wieder seine Tochter Asia und Trash-King Udo Kier. Wir hätten uns auch noch über „Otto; Or, Up with dead People“, den neuen Zombiefilm der Queer-Film Legende Bruca LaBruce gefreut, aber wir wollen nicht klagen. Stattdessen gibt es eine Neuverfilmung von „Sasori“. An ein Update der visuell beeindruckenden, wenn auch moralisch etwas zwiespältigen japanischen Filmreihe aus den 70er Jahren zwischen Frauenknast-Film und Revenge- Movie hat sich Joe Ma mit Hauptdarstellerin Miki Mizuno gewagt. In diesem Jahr wurde aber auch wirklich in den Archiven gekramt: Mit „The City of the Dead” aka “Horror Hotel” und “Taste The Blood Of Dracula“ sind zwei britische Horrorfilme mit Christopher Lee von 1960 und 1970 im Double- Feature zu sehen. Popcorn und Knoblauch unbedingt bereithalten.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Prominente Drehorte
Der Verein Köln im Film zeigt in Köln gedrehte Spielfilme – Festival 05/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
Filmgeschichten, die das Leben schreibt
Neue Dokumentarfilme aus einer verrückten Welt – Festival 01/24
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
„Dialog ist der Schlüssel zur Veränderung“
3 Fragen an Kyra Scheurer vom Festival Edimotion – Festival 10/23
Der Atem des Films
Das Festival „Edimotion“ holt die Monteure des Films ins Rampenlicht – Festival 10/23
Film- und Troublemaking
„Clashing Differences“ gewinnt choices-Publikumspreis des 20. Afrika Film Festivals – Festival 10/23
„Festivals sind extrem wichtig, um Vorurteile abzubauen“
4 Fragen an Sebastian Fischer, Leiter des Afrika Film Festivals Köln – Festival 09/23
Preiswürdiges Paar
„Tori et Lokita“ gewinnt choices-Publikumspreis der Französischen Filmtage – Festival 09/23
Alte und neue Filmschätze
Das Afrika Film Festival zeigt Filmkunst als Raum für Aktivismus – Festival 09/23
Das Leben und nichts anderes
Französische Filmtage in Bonn und Köln – Festival 08/23
Faszinierendes historisches Erbe
Internationale Stummfilmtage 2023 in Bonn – Festival 08/23
Komplizinnenschaft
Das IFFF bietet einen Blick auf feministische Solidarität – Festival 04/23
Reizüberflutung mit Konzept
Symposium der Dokumentarfilminitiative – Festival 01/23
Kurz, aber oho!
Der „Short Monday“ bietet dem Kurzfilm einen Platz – Festival 12/22
Traum vom Raum
Deutscher Wettbewerb des 16. Kurzfilmfestivals Köln – Festival 11/22