Am Anfang jeder ernsthaften Themenausstellung steht die Feststellung wiederkehrender Sachverhalte. Derzeit wenden sich (jedenfalls) drei Ausstellungen der zeitgenössischen Skulptur zu und gehen ihren spezifischen Phänomenen nach. Sie legen diese frei und klären die Verfahren und den „Look“.
Eine Ausstellung im renommierten Museum Morsbroich in Leverkusen widmet sich der Rolle der Collage bei der Konstitution dreidimensionaler Arbeiten: dem „Zusammengesetzten“ heutiger Skulpturen, wobei die Verbindungsstellen häufig provisorisch wirken und die Einheit der Erscheinung relativieren. Unterschiedliche Wirklichkeitsfragmente sind zueinander gesetzt, nach System und einer Konzeption folgend. In Leverkusen werden dazu sehr verschiedene Positionen vorgestellt, die das Spektrum zwischen einheitlicher Erscheinung und offen vorgetragener Assemblage mit unterschiedlichen Materialien umreißen. Durchgehend findet sich die Neugierde der Künstler an den Wirkweisen und Erscheinungen des Heterogenen, am Disparaten, das wie ein Riss durch die Konstruktion fährt und so deren Dreidimensionalität betont. „Schnitte im Raum“: ein kluger Ausstellungstitel.
Dass zeitgleich die Ausstellung „Biomorph!“ im Arp Museum Bahnhof Rolandseck stattfindet, ist eine glückliche Koinzidenz. Sie geht anderen Befunden im Bereich der aktuellen Plastik nach, auf der Grundlage des Werkes von Hans Arp (1886-1966). Sie stellt seine anthropomorph anmutenden Formulierungen mit einer homogenen Oberfläche vor – als revolutionäre Neuerung, die bis in die zeitgenössische Kunst hinein wirkt, und sie zeigt dafür Beispiele. Weitere Aspekte, die ausgehend von Arps organischer Abstraktion sowohl mit seinen Arbeiten als auch mit Werken heutiger Künstler angesprochen werden, betreffen das Verhältnis von Gesamtform und detaillierter Strukturierung sowie die volumetrische Präsenz, die sich sukzessive in den Raum hinein tastet. Dazu sieht man im Bahnhof Rolandseck etliche hervorragende Werke, etwa von Tony Cragg, Ernesto Neto und Thomas Rentmeister.
Wenn von der Formensprache von Hans Arp die Rede ist, ist natürlich Richard Buckminster Fuller (1895 - 1983) nicht fern, und umgekehrt. Umso mehr macht es Sinn, auf die Werkschau des amerikanischen Architekten, Theoretikers und Ökologen und auf die begleitenden Beiträge jüngerer Künstler im Marta Herford hinzuweisen. Tatsächlich kehren die Motive und Modi seiner biomorphen Architektur mit schwebenden Strukturen und geodätischen Kuppeln und sein utopischer Anspruch zumal in jüngerer Zeit – oft implizit und aus innerer Notwendigkeit – wieder, hier zu sehen anhand von Werken etwa von Björn Dahlem, Olafur Eliasson und Michel François. Vor allem hier und in Leverkusen gibt es zudem weniger bekannte Künstler zu entdecken. Alle drei Ausstellungen aber zeichnet noch eines aus: Indem sie die Gemeinsamkeiten hervorheben, arbeiten sie auch die jeweiligen Eigenheiten heraus – eben das, was Stil ausmacht.
Schnitte im Raum – Skulpturale Collagen | bis 21. August im Museum Morsbroich in Leverkusen
Biomorph! Hans Arp im Dialog mit aktuellen Künstlerpositionen | bis 22. Januar 2012 im Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen
Wir sind alle Astronauten. Universum Richard Buckminster Fuller im Spiegel zeitgenössischer Kunst | bis 18. September im Marta Herford
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