Ein wenig fies klangen Ratatat immer schon. Das Duo, das seit nun fünf Alben mit Gitarre und Elektronik Instrumentals macht, hat sich einen Sound angeeignet, der im schlimmsten Fall an Bands wie Boston („More Than a Feeling“) erinnert, aber natürlich mit genau der Faszination des Schreckens spielte. Ähnlich wie Daft Punk haben sie fragwürdige historische Elemente in ihre Musik auf eine Art integriert, die Guilty Pleasure ermöglichen. Gitarrengegniedel macht bei Ratatat wieder Spaß, weil sie es rabiat zum stottern bringen wie ihren Bandnamen. „Magnifique“ weicht von dem eingeschlagenen Weg kaum ab, auch wenn es in einigen Stücken den Anschein haben mag, sie seien etwas ruhiger geworden. Stücke wie „Cream of Chrome“ oder „Nightclub Amnesia“, deren Titel eine deutliche Sprache sprechen, rücken diesen ersten Eindruck wieder zurecht. Ratatat spielen im August auf dem c/o pop Festival und sind live unschlagbar (Because Music). Mit „Thank You for Stickin‘ with Twig“ bedankt sich der Kanadier Slim Twig wahrscheinlich bei seinen Fans. Das dürften die gleichen sein, die auch Ariel Pink verehren. Denn auch Slim Twig steckt knietief in den 70ern und psychedelisiert seinen fein gehäckselten Glam Rock bis einem schwindelig wird. Dank zurück, klasse Album (DFA).
Kann man natürlich auch machen: Wenn der bürgerliche Name zu cool klingt, legt man sich einfach einen albernen Künstlernamen zu: Matt Mondaline nennt sich als Musiker Ducktails, und ob er nun den Entenschwanz oder die gleichnamige Rock-’n’-Roll-Frisur meint – es hilft alles nichts: Zu seiner Musik hätte der elegantere bürgerliche Name wesentlich besser gepasst. Sein neues Album „St. Catherine“ ist leicht dahingleitender Pop, der an die Feelies oder auch eine undramatische Version von Prefab Sprout erinnert, definitiv die 80er Jahre antizipiert und auf jeden Fall viel Licht atmet. Der Musiker aus L.A., der auch bei Real Estate spielt, wird inzwischen auch gerne mit Broadcast oder Stereolab verglichen, was dem dezenten Einsatz von Elektronik geschuldet ist (Domino). Die britischen The Membranes um John Robb haben in den 80er Jahren mit ihrem Noise Rock weitreichenden Einfluss gehabt und auch jenseits des Atlantiks Bands wie Big Black oder Sonic Youth beeindruckt. „Dark Matter – Dark Energy“ ist ihr erstes Album seit 25 Jahren und klingt frisch und radikal wie eh und je. Schrammeliger Noise wechselt sich ab mit ambienten Passagen – gemäßigt oder glatt klingt ihr gelungenes Comeback nie (Metropolis). Die einflussreiche Indie-Band Pavement existierte von 1989 bis 1999. In diesen zehn Jahren haben sie auf fünf Alben ihren Slacker-Style immer wieder leicht modifiziert. Stephen Malkmus Gitarrenspiel ist ebenso prägend geworden wie sein betont schnoddriger Gesang. 2010 gab es einige Konzerte der Band, nun startet eine groß angelegte Compilationreihe. Fünf Veröffentlichungen sollen es werden, jede versammelt B-Seiten, Raritäten, Versionen und hübsch verschwurbelte Liveaufnahmen aus der Zeit eines ihrer Alben. Den Anfang macht „The Secret History Volume 1“ mit 30 Stücken aus der Zeit ihres Debüts „Slanted and Enchanted“ (Domino).
„Peru Boom“ ist eine feine Compilation mit elektronischer Musik aus Peru. Der Tropical Bass steht natürlich in der Tradition westlicher Clubmusik von House und Techno über Dubstep und Trap zu Footwork, lässt aber den heimischen Cumbia-Sound durchscheinen. Das ist weniger brachial als beispielsweise der brasilianische Baile Funk, dafür melodischer und umso geschmeidiger (Tigermilk).
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