Lange Jahre war für Popfans klar, dass sie im August nach Köln kommen mussten: erst die Popkomm, dann als Nachfolger seit 2003 die c/o pop. Aber ausgerechnet zum 10. Jubiläum im letzten Jahr hatte man den Eindruck, dass diese an ihre Grenzen gestoßen war. Das Booking war ein wenig einfallslos, der Termin im Juni entpuppte sich wegen allgemeinem Überangebot und Lernstress für die jungen Besucher auch leider nicht als unbedingter Glücksfall. Zu allem Überfluss war im Juni dann auch noch das Wetter schlecht.
Was macht man also in einem solchen Fall? Genau, einen Neustart. Den hat auch die c/o pop gewagt, und siehe da, es scheint ihr gut zu tun. Als erstes fällt auf, dass sie ihr Programm entschlackt hat. Anstatt noch die kleinste Bühne der Stadt bespielen zu wollen, konzentriert sich die c/o pop auf wenige Spielorte. So richtig schlimm ist das nicht, denn die örtlichen Clubs machen ja eh weiter im Programm, und das ist auch unabhängig von der Popversammlung einen Besuch wert. Ansonsten scheint man sich bei der c/o pop endgültig vom Fokus auf elektronische Musik verabschiedet zu haben. Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man sich die Headliner der verschiedenen Abendveranstaltungen anschaut.
Für den gemächlich-sentimentalen Indie-Fan treten Elbow im E-Werk auf, wo sie unterschiedliche Variationen ihres einen großen Songs zum Besten geben werden. Warpaint spielen auf ihrem zweiten, selbstbetitelten Album leicht drohnige Rockmusik, die sowohl bei Experimentalfans, als auch bei normalsterblichen Rockanhängern auf große Zustimmung stoßen dürfte. Und Kelis hat ihre Cyborg-R&B-Weiblichkeit mit der neu entdeckten Freude an der Mutterrolle in Richtung eines traditionalistischen Modells von handgemachtem R&B verschoben – tolle Musik macht sie trotzdem weiterhin. Da sollte doch für alle etwas dabei sein.
Die Highlights der c/o pop sind aber wie immer die Shows abseits der großen Headliner. Im Club Bahnhof Ehrenfeld, der übrigens gerade per Crowdfunding Geld für einen dritten Bogen sammelt, treten am Donnerstag Cashmere Cat und Ryan Hemsworth auf. Cashmere Cat ist ein norwegischer Producer, der verspielte Breakbeats mit einem Kinderzimmerensemble aus Laptop und Synthesizern produziert und dabei wie jedes Spielkind ziemlich komplexe Dinge erfindet, die nach dem „Ist das süß!“-Moment erst einmal ein wenig sprachlos machen. Der Kanadier Hemsworth hat sich dagegen mit Instrumentals einen Namen gemacht, die ebenso ätherisch wie auf den Punkt produziert sind und daher nicht umsonst in avancierteren Hip-Hop-Kreisen als Hintergrundmusik verwendet werden.
Apropos Hip-Hop: Der in diesen Zeilen schon vielgelobte Veedel Kaztro tritt am Samstag gemeinsam mit einem Rapper aus der Kölner Nachbarregion auf – dem Ruhrgebiet. Christoph Wiegand heißt er bürgerlich, Weekend auf Rap-Deutsch. Und wie viele Deutsch-Rapper der jüngeren Generation kann er sich nicht recht entscheiden, ob er lieber Frank Zander oder nicht doch eher Digital Underground als Vorbild haben möchte. „Schatz, du Arschloch“ ist mittlerweile sowas wie ein kleiner Hit geworden – nicht zuletzt dank der Ruhrgebietsderbheit seiner Reime, die bislang im deutschen Hip-Hop-Hinterland ja doch ein wenig gefehlt hat.
c/o pop | 20.8.-24.8. | diverse Orte | Köln | www.c-o-pop.de
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