!!! (sprich: chk chk chk) klingen auf dem Opener ihres neuen Albums „Thr!!!ler“ richtig gut: Mit afroinfizierten Gitarren, einem euphorischen Refrain und DFA-mäßigem Power-Groove überzeugen sie sogar mich. Aber nur da – danach klingt das Album wieder sehr plump, und Melodien können sie gar nicht. Kurz: Das Cover ist das Beste am Album. Er ist 30 und kommt aus Kalifornien, sie ist 20 und kommt aus London: Big Deal sind angeblich kein Paar, singen auf „June Gloom“ aber cool verschlafen im schönsten Duett. Dazu gibt es Gitarrennoise, als würden die Pixies mit My Bloody Valentine tanzen.
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Und im Noise verbergen sich auch wieder spannende Harmonien (Mute). Cole Williams nennt sich The Child of Lov und werkelt an seiner Version von R'n'B und P-Funk. Das selbstbetitelte Debütalbum lässt den Einfluss der Gesangslinien von Parliament / Funkadelic ebenso erkennen wie die Synthies von Outcast. Gäste wie Damon Albarn oder MF Doom hat er bereits auf seinem Debüt. Der Erfolg ist wohl vorprogrammiert und wäre auch nicht ganz unberechtigt (Domino). Zusammen mit dem Dirty Three-Gitarristen Mick Turner als The Marquis de Tren veröffentlicht Will Oldham alias Bonnie Prince Billy 13 Jahre nach einer ersten gemeinsamen EP nun eine zweite: Die drei Stücke auf „Solemns“ bestechen durch fragile Zärtlichkeit. Viel Luft ist zwischen Gesang, Gitarre, Klavier und Pappkarton-Schlagzeug im Hinterzimmer (Domino).
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Ghostpoet klingt, wie es der Name vermuten lässt: Geisterhaft huschen die Worte des britischen Rappers um die spooky Sounds. Der schnoddrige Sprechgesang erinnert ein wenig an The Streets, aber auch an Roots Manuva. Musikalisch öffnet er sich mit seinem zweiten Album „Some say I so I say light“ und bezieht auch einen Band-Sound mit ein (Pias). Das Duo Mount Kimbie sortiert man grob unter Post-Dubstep ein. Das Interessante an dem Begriff ist, dass es weniger musikalisch denn personell Bezüge zu Dubstep gibt. Die nebeligen Sounds auf „Cold Spring Fault Less Youth“ aus elektronischem Rauschen und Knistern, Gitarren und Gesang sind eher somnanbul als clubbig (Warp).
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Die Kitbuilders sind eine Institution in Sachen Kölner Electro und bekannt für ihren New Wave-Einschlag. Der wird bei der Remix-Version ihres letzten Albums „You trashed my Mind“ von alten Kölner Weggefährten wie Bob Humid, Bolz Bolz, Salz oder Falko Brocksieper, aber auch Terrence Dixon oder Radioactive Man ganz schon unterwandert (Vertical). Den Klassik-Techno-Spagat verfolgt das Trio Aufgang mit Pianist Francesco Tristano auf dem zweiten Album „Istiklaliya“ konsequent weiter. Zwar könnte man den Virtuosen Angeberei vorwerfen, aber auch nicht mehr als dem Metallgitarristen. Und Aufgang rockt mindestens ebenso. Die Dynamik, die das Trio entfaltet, ist wirklich atemberaubend, und die Kombination aus klassischen Instrumenten und Elektronik geht voll auf. Chöre gibt es dieses Mal obendrein (Infine).
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Samy Ben Redjeb, Chef des Frankfurter Labels Analog Africa, hat auf seinen Reisen über 400 Stücke des Orchestre Polytythmo de Cotonou aus Benin gesammelt. Auch auf der dritten Compilation „The skeletal Essence of Afro Funk“ ist noch kein Qualitätsabfall zu verzeichnen: 14mal psychedelischer Afro-Funk mit unglaublich erhebenden Gesangslinien (Analog Africa). Für das Label Sublime Frequencies kompiliert Laurent Jeanneau asiatische Folklore. Als Kink Gong unterfüttert er solche Feldaufnahmen mit elektronischen Sounds. „Voices“ verbindet auf ambiente Art Elektronik und asiatische Gesänge (Discrepant).
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