„Back to the Roots“ heißt es für die Melvins: Über zwanzig Alben haben die Brachialrocker seit Mitte der 80er Jahre veröffentlicht. Nun holen die beiden einzigen permanenten Mitglieder Buzz Osborne und Dale Crover ihren allerersten Schlagzeuger Mike Dillard, der bereits vor dem ersten Album ausgestiegen ist, zurück. Crover geht für diese Schnapsidee an den Bass und gemeinsam rumpeln sich die drei auf dem Album „Tres Cabrones“ bei offensichtlich bester Laune durch die zwölf Stücke, die von bierseeligem Ulk über typische Melvins-Attacken zu doomigen Soundbergen reichen (Ipecac). In der Buchreihe „Rock-Sessions“ gab es Ende der 70er Jahre die Rubrik „Außenseiterlexikon“. R. Stevie Moore hätte dort perfekt hineingepasst. Damals war er mit nur zwei offiziellen Alben noch nicht auf deren Radar, inzwischen hat er nicht nur zahlreiche Platten veröffentlicht, sondern auch unzählige private Veröffentlichungen – zunächst auf Kassette, später auf CD-R. Anfang der 80er Jahre waren das gerne mal 15 oder mehr Veröffentlichungen im Jahr. Berühmt ist er immer noch nicht, aber legendär. Seinen psychedelischen Humor versprüht er über alle Musikstile, derer er habhaft werden kann. „Parsonal Appeal“ versammelt 15 Highlights seiner Homerecordings (Care in the Community). Die Münsteraner Band Messer gräbt sich weiter in die Geschichte. Nach aggressiver Hamburger Schule kommt auf dem zweiten Album „Die Unsichtbaren“ der Post Punk voll zur Geltung. Das Problem ist wie bei vielen der Retro-Bands dieser Tage wie Savages oder eben Messer gerade das akribische Nachstellen des Sounds, auch wenn’s gut klingt. Wenn man beim Blindhören ein Album ohne weiteres fälschlicherweise 30 Jahre Rückdatieren kann – ist das ein Kompliment? Das Label (This Charming Man) ist nach einem frühen Smith-Song benannt.
„Peru Maravilloso“ präsentiert einen lateinamerikanischen Sound, der Tropical, Cumbia, Guaracha oder Chicha umfasst und die amerikanischen Einflüsse des psychedelic Underground und des Surf Rock spüren lässt. 15 aufpeitschende Stücke versammelt die Compilation, die vom in London als Restaurantbesitzer lebenden peruanischen Labelchef Martin Morael, Duncan Ballantyne, Labelchef von Soundway, und dem peruanischen A&R Andres Tapia zusammengestellt wurde (Tiger's Milk). Das Ambient-Label All Saints Records veröffentlicht gleich drei größere Werkschauen von bedeutenden Musikern der Stille als Doppel-CD: Laraajis „Celestial Music 1978 – 2011“ startet mit seinen frühen, elektrifizierten Ragas, die zudem an Krautrock erinnern, und reicht zu sphärischen Elektronikklängen, die mitunter aber auch rhythmusbetont sind. Harold Budds „Wind in lonely Fences 1970 – 2011“ eröffnet mit dronigen Minimalsounds, führt über poppigere Kollaborationen mit den Cocteau Twins und Anderen und reicht zu seinen jüngeren Klavierstücken, die leicht von atmosphärischen Flächen umspielt werden.
Robert Eno, Bruder von Brian, wird mit „Little Things left behind 1988 – 1998“ gewürdigt. Er ist wohl der poppigste von den dreien. Die Musik des vornehmlich Klavier spielenden Multiinstrumentalisten war auch immer wieder in Filmen zu hören.
Lustiger als all das ist sicher die CD „Leiser“. Das Café Unterzucker ist eine Band, die sich „ungesüßte Kinderkultur“ bzw. „kindische Lieder“ auf die Fahnen geschrieben hat. Seemannslieder, Liedermacherei und viel Dixieland sorgen für überbordende bis leicht chaotische Stimmung. Unter den Musikern sind Micha Acher, bekannt von The Notwist, Tied & Tickled Trio uva. und Gleulix Schrank von Schweisser und Portmanteau (Trikont).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Live und After-Life
Überirdische Reunionen und Rituale – Kompakt Disk 12/19
Zarte Geister und suizidaler Horror
Seelenzustände in Musikform – Kompakt Disk 10/18
Sentimentale Jugend
Ambiente Klangwelten, kantiger Pop und ergreifende Vielgestaltigkeit – Kompakt Disk 04/18
International Krautronics
Rückblick auf Science Fiction-Sounds der 70er Jahre – Kompakt Disk 03/18
Irgendwie alles psychedelisch
Bewusstseinserweiternder R‘n‘B, Hip-Hop, Afrobeat und Indie-Pop – Kompakt Disk 12/17
Vergangene Zukunft der Popmusik
Somnambule und sedierte Klanglandschaften – Kompakt Disk 11/17
Zwischen den Traditionen
Transkontinentale Musik mit Zeitsprüngen – Kompakt Disk 10/17
Vierte-Welt-Musik
Fantasien zwischen Kopiergerät, Werbung und der weiten Welt – Kompakt Disk 09/17
Quer durch den Klangdschungel
Auf Entdeckungsreise mit Avey Tare, F.S.K., Boris und anderen – Kompakt Disk 08/17
Musikalischer Pointillismus
Rhythmische Finesse vom Mittelalter bis in die Gegenwart – Kompakt Disk 07/17
Weltfusion
Musikalischer Kulturaustausch – Kompakt Disk 06/17
Rückbesinnung
Geschichtsbewusstsein und Erinnerungsarbeit – Kompakt Disk 05/17
Noise, Rap und Migration
Zwischen Bühne und Buchdeckel – Unterhaltungsmusik 11/24
Endlich Wochenende
13. Week-End Fest im Stadtgarten – Musik 10/24
Psychedelische Universen
Mother‘s Cake im Helios 37 – Musik 10/24
Aggressive Dringlichkeit
Internationale Acts von Rock über Hip Hop bis Avantgarde – Unterhaltungsmusik 10/24
Eine Party für die Traurigen
Romie in der Maulvoll Weinbar – Musik 09/24
Heftiger Herbstauftakt
Nach Open Air wieder volles Programm in Clubs und Hallen – Unterhaltungsmusik 09/24
Kein Bock auf Sitzkonzert
Mdou Moctar im Gebäude 9 – Musik 08/24
Sommerloch? Nicht ganz ...
Volle Packung Drum‘n‘Bass, Indie, Tuareg-Blues und Black Metal – Unterhaltungsmusik 08/24
Fette Beats im Wohngebiet
Green Juice Festival 2024 in Bonn – Musik 07/24
Vielfalt, Frieden und Respekt
3. Ausgabe von Shalom-Musik.Koeln – Musik 07/24
Die Ruhe im Chaos
Emma Ruth Rundle in Köln und Bochum – Musik 07/24
Helldunkler Sommer
Fröhlich und finster lockt die Festivalzeit – Unterhaltungsmusik 07/24
Und der Tag wird gut
Suzan Köcher‘s Suprafon beim Bonner Museumsmeilenfest – Musik 06/24