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Ausgetrickst: Georg Breinschmid umdribbelt den Bass

Musik und Fussball

01. Juni 2008

Sportliche (Stil-)Blüten im EM-Monat - Improvierte Musik in NRW 06/08

Bevor die ersten EM-Fußballspiele aus Österreich und der Schweiz angepfiffen werden, bot unser Land mit dem Festival „scene: österreich in nrw“ ein erstes Aufwärmtraining für Österreich. Die kleine Republik besitzt mit Wien die absolute Hochburg der Ernsten Musik, Begriffe wie Wiener Klassik und Neue Wiener Schule werden durch keine andere Metropole getoppt. Zwei zeitnahe News haben Wien berührt. Joe Zawinul war der Botschafter Wiens im internationalen Jazz, er ist vor kurzem verstorben. Beinahe wäre ihm das „Vienna Art Orchestra“ gefolgt, Österreichs berühmteste Big Band wäre beinahe mangels neuer Sponsoren von Geldnöten verschlungen worden – Kapitän Matthias Rüegg, ein Schweizer, hat in seinem Heimatland Hilfsgelder erwirkt: Das Überleben ist gesichert, für fünf Jahre.

Ein solch internationales Spektakel wie die aktuelle Europameisterschaft wirft Schatten auch auf die Kultur. Der Kult Fußball und die Weltreligion Sport haben vor Künstlerköpfen nicht Halt gemacht. Bei der WM 2006 erlebte die Bochumer Jahrhunderthalle sogar eine „Fußballoper“, in der singende Spieler, Trainer und Reporter auftraten. Sie dauerte zweimal 45 Minuten, mit Pause und Nachspielzeit. Manche Jazzclubs erfanden zur WM spezielle Events: „After-Fußball- Jazz“ lockte damals in Jazzlokale mit Live-Bands. Für Juni 2008 versprach der ZDFChefredakteur wiederum eine „Fußballoper“, diesmal von der Seebühne in Bregenz – weil die Kommentatoren in den Kulissen zu Puccinis „Tosca“ stehen: eine „Seifenoper“ also, aus rein dekorativen Gründen. Da befindet sich der Wiener Bassist Georg Breinschmid wesentlich näher am Ball. In seiner neuen CD „Wien bleibt Krk“ fächert er den hiesigen Hörern den gesamten Donauraum auf, mit Wiener Schmäh, mit Walzer, Polka und Zigeunermusiken. Der Norweger Stian Carstensen quetscht das Akkordeon, und der Wundergeiger Beni Schmid lässt den Ton seiner Stradivari aufblühen wie beim Alpenglühen. Und passend zur EM, da kommt keiner vorbei, singt er selbst sein „Fußball-Aversions-Wienerlied“: „Jo er konn holt den fuaßboi ned leidn!“ – eine einsame Stimme im EM-Trubel. Apropos Sport und Musik: Der Pianist Henning Wolter hat sein Trio ebenfalls sportlich ausgerichtet. Seine aktuelle CD, eine Hommage an die Tour de France, nennt er „Le grand spectacle“. Und der leidenschaftliche Radfahrer tritt dabei enorm in die Pedale, nicht in die seines Flügels, sondern aufs Gaspedal für Tempo und Attack. Er hat Original-Atmos unter die Musik montiert und nutzt sogar einen originalen Starter-Countdown als Einzähler für seinen Prolog. Es gibt aber auch Durchatmer wie „Provence“ und sogar einige Standards als Beipack – Lucien Matheeuwsen am Bass und Marcel van Cleef an den Drums treten mit. Sportliches im Revier und live leistet allenfalls die „Extraschicht“, ebenfalls am Klavier. Da tragen in der Bochumer Jahrhunderthalle die Meisterschüler der Musikhochschulen in NRW am 21.6. einen Pianisten-Marathon aus, heilige Töne in den ehemaligen Kathedralen der Arbeit, bis der Schweiß fließt. Das hat aber jetzt gar nichts mehr mit Fußball zu tun. Deshalb ein Zitat aus dem erwähnten Liadl zum Schluss: „Es soll uns im Lebm der Ball Freude geben, oba eam lossts midn Fuaßboi in Rua. Und Tschüss.“

Extraschicht: www.klavierfestival.de
www.georgbreinschmid.com & friends „Wien bleibt Krk“ bei Zappel Music
www.henningwolter.de Trio „le grand spectacle“ BOS records / JARO vertrieb

Olaf Weiden

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