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Schweiß und Shots – die Partys im Hotel Shanghai
Foto: Roman Weis

Mit Lumpen und Masken

01. November 2009

Experimentelles im Essener "Hotel Shanghai" - Popkultur in NRW 11/09

Seit Jahren scheint es, dass sich die Dance- und Elektro-Szene NRWs nahezu ausschließlich in Düsseldorf und Köln abspielen würde. Dabei hat sich unter dem Radar der Öffentlichkeit im Ruhrgebiet eine Struktur etabliert, die nicht nur Erfolge vorzuweisen hat, sondern auch noch kreativ neue Wege geht. Das Essener Hotel Shanghai fungiert da als eine Art Leuchtturm des Verborgenen.

Es kommt dabei nicht von ungefähr, dass das Hotel Shanghai erst jetzt, sechs Jahre nach Eröffnung, auch von zentralen Akteuren der bundesweiten Elektro-Szene hervorgehoben wird. Schon lange vorher waren es die skurrilen, künstlerisch avancierten Randfiguren, die in dem Club eine Freifläche zur Entfaltung fanden. Kein Wunder, schließlich hat das Hotel seinen Ursprung in der von Punk geprägten Szene der Autonomen Zentren. „Ich habe damit begonnen, kleinere Veranstaltungen im AZ Mülheim zu organisieren. Dazu gehörten immer abseitige Elemente wie etwa Ringkämpfe. Danach habe ich die Sanitärräume in einer großen Essener Disko bespielt. Dort wurde ich auch schon mal von meiner eigenen Veranstaltung entfernt, weil queere Freunde von mir mit Beuteln und Schläuchen simulierten, dass sie mitten im Raum Wasser lassen würden“ beschreibt Kay Shanghai, Gründer und Betreiber des Clubs, seinen Hintergrund. Seinen ausdrucksstarken und effektheischenden Gestus behielt er auch im neuen Club an der Essener Steeler Straße bei, so dass der Laden schnell ein Publikum anzog, das Kay als „individualistisch“ und „antiglamourös“ beschreibt. Und auch entsprechende Acts zog das Hotel Shanghai an wie das Licht die Fliegen. Peaches, Patrick Wolf und Deichkind spielten hier schon lange vor ihren Durchbrüchen ihre experimentellen Shows, und gerade Letztere heben in Interviews das besondere Flair des Clubs hervor. Mittlerweile finden im Hotel Shanghai neben regelmäßigen hochkarätigen DJ-Bookings Veranstaltungen wie der „Trashpop Maskenball“, die schwul-lesbische Partyreihe „Lollywood“ und als neuestes Baby der „Shanghai Lumpenball“ statt. „Den Lumpenball haben wir erstmals beim Juicy Beats ausprobiert“, erzählt Kay. „Wir haben eine Fuhre Lumpen angekarrt, die als Deko gedacht war. Am Ende blieb aber kaum etwas davon übrig, weil sich viele Gäste die Lumpen, alte Skianzüge und Lederhosen, einfach angezogen hatten!“

Das Hotel Shanghai hat sich so eine Nische gesucht, in der neue Ideen, Kreativität und ein Ausdruck von politischer Subversion möglich bleiben. Es geht Kay nicht darum, möglichst groß zu wachsen und immer neue Kundenkreise bis in den Mainstream hinein zu erschließen. Dazu passt auch, dass speziell der Webauftritt des Clubs eher Fragen offen lässt als beantwortet. „Die Leute müssen unseren Club auch entdecken wollen. Ich möchte niemanden dazu überreden, zu uns zu kommen. Oft wird man ja mit Werbung für irgendwelche Veranstaltungen geradezu überladen.“ Elitär ist das noch lange nicht, jeder, der nicht mit politisch bedenklichen Symbolen hausieren geht, findet Einlass. Aber einen gewissen Anspruch leistet sich das Hotel Shanghai. Und das ist sicher auch mindestens ein Grund für seinen Erfolg.

Christian Steinbrink

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