Was für hässliche Farben! In einem trüben Grau, in dem der Holzgrund durchscheint, ist die Ölfarbe in Schlieren gezogen. Was zu sehen ist, scheint belanglos, unterstützt durch das kleine Format. Aber es ist ein „Teich mit Seerosen“, gemalt um 1846, und zwar vom genialen Arnold Böcklin. Und dann zeigt sich, wie genau er Steine und Gräser in einem saftigen Grün erfasst hat und dass von hinten gleißendes Licht hervorbricht. Nun fallen die blättrigen Farbtupfer über dem wässrigen Grau auf. Die unspektakulären Dinge in der Natur sind als Wirklichkeit gewürdigt, erfasst mit Intensität und wissenschaftlicher Akribie … Ausgangspunkt für derartige Bilder seit dem frühen 19. Jahrhundert ist die Entscheidung, draußen, direkt vor der Vegetation zu malen. Weitere Voraussetzungen waren das handliche kleine Format – meist handelt es sich um Papier – und die Verwendung von Ölfarbe.
Jetzt ist im Kunstpalast im Ehrenhof in Düsseldorf eine großangelegte, rund 170 Bilder umfassende Ausstellung zu sehen, die sich dem Phänomen der Ölstudie im 19. Jahrhundert widmet. Ursprünglich als Verfahren im akademischen Studium gedacht, um die eigentlichen Gemälde vorzubereiten, erhalten diese Blätter und Tafeln längst schon eigenständige Bedeutung. In ihrem Realismus (und ihrer Qualität) übertreffen sie die idealisierten Gemälde selbst. Sie fokussieren überwiegend Details, zeigen Wald, Bäume, Felsgrotten und Landschaften und vermitteln eindringliche Perspektiven. Das Licht im Tagesablauf kann nun authentisch wiedergegeben werden. Die Skepsis gegenüber dem Zeitgeschehen lässt sich mit einem verhangenen Himmel oder dem Blick auf schroffes Gestein zum Ausdruck bringen. Die Ausstellung geht dem – mit Sorgfalt gegenüber den kleinen, teils winzigen Formaten – in einzelnen Kapiteln nach. Neben vielen Künstler:innen der Düsseldorfer Malerschule sind Blechen, Corot, Friedrich oder Rottmann vertreten. Die Sensation aber liegt im Detail, mit solchen Bildern wie Böcklins Seerosenteich, den Tierstudien von Carl Seibels oder den Polarlichteffekten von Salvadore Fergola.
Mehr Licht. Die Befreiung der Natur | bis 7.5. | Kunstpalast Düsseldorf | 0211 56 64 21 00
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