Sein Bruder hat ihn damals bei Stefan Raabs Talentshow angemeldet. Und obwohl Gregor Meyle eigene Songs gegen die Cover-Kids und ihre eingängigen Welthits auffuhr – ein Novum in der langen Castingshow-Geschichte –, belegte am Ende der sympathische Schwabe den zweiten Platz. Insider murmelten hinter verdeckter Hand, es könne daran gelegen haben, dass Gregor bereits vor dem Casting einen Plattenvertrag in der Tasche hatte und deshalb vom Metzgergesellen aus Köln-Sülz nicht so effektiv verwurstet werden konnte – böse Zunge. Damals gewann Stefanie Heinzmann, die Soulröhre unter den Primanerinnen, und auch die hat ja wirklich was drauf.
Meyle wird in diesem Jahr 35 Jahre jung, drei CD-Produktionen liegen hinter ihm. Trotz verkaufter 50.000 Tonträger von der ersten Ausgabe war er zu klein für seine Plattenfirma, und Meyle musste sein Ding allein durchziehen: Musik und Texte aus seiner Welt, aus seinem Herzen, aus seinem Sinn. Gregor überzeugt in seinen Storys besonders durch eine unverstellte, auf nichts zielende Ehrlichkeit. Selbst Hit-Rakete Raab konstatierte: „Du bist einer der begnadetsten Songwriter!“
Davon konnte sich Meyle allerdings nichts kaufen. Auf seinem Fahrplan stand nämlich nun die sogenannte „Schweinetour“, wo dem Künstler nichts geschenkt wird. Kleine bis mittlere Säle werden bespielt, vor ein paar Dutzend Fans, manchmal ein paar Hundert. Nach Einschaltquote wird auch die Band bestimmt. Und die Musiker haben Spaß an Gregors Stücken, die häufig eine musikalische Dynamik entwickeln, wie sie nur von wenigen Pop-Produzenten erreicht werden.
Das Geheimnis der magischen Kraft seiner Musik und ihrer Leichtigkeit liegt vielleicht in Meyles unkommerziellem Ansatz: Er will keine Kohle machen, sondern Musik! Dabei ist er nach nunmehr jahrelangem „On the road again“ kein Tagträumer. Die Band braucht ein Fahrzeug, und dieses benötigt Sprit und Reifen. Aber er lebt ganz gut ohne Stretch-Limo, auch mal Nickern bei Freunden oder bei Mama – im schönen Jagsttal am Rande des Hohenloher Landes ist es immer nett.
Die Musiker, allesamt Profis, gehen auch mal mit keiner oder kleiner Gage nach Hause. Aber anders als in anderen konfektionierten Popproduktionen darf bei Gregors Live-Konzerten improvisiert werden. Das liegt schon daran, dass Gregor selbst seine Musiker präsentieren will. Das klingt nach einer Ansammlung von Gutmenschen, aber ein bisschen ist es so – hier waltet ein guter Geist.
Der Fan-Kreis im deutschsprachigen Raum wächst kontinuierlich, und wer einmal zur Gemeinde zählt, bleibt gern dabei. Die letzte CD, mit der Gregor und Co. aktuell „Meyle für Meyle“ die Republik abgrasen, haben seine Freunde bereits vorfinanziert. Hier gibt es auch Kostproben im Duett mit Jasmin Schwiers, eigentlich eine gut beschäftigte junge Schauspielerin, die ihr zartes Stimmchen in den Dienst von Gregors Texten stellt – sie ist nämlich auch Fan wie Starkoch Tim Mälzer, Kollege Xavier Naidoo, Ina Müller oder Edo Zanki. Der hat sogar einen Meyle-Song gecovert.
Gregor Meyle I 5.4. Bochum (Zirkuszelt am JuMa), 6.4. Koblenz (Café Hahn), 7.4. Köln (Altes Pfandhaus), 20.4. Bottrop (Saalbau) I www.gregor-meyle.de
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