Die Inspiration kam aus New York. Die Kölner Saxofonistin Angelika Niescier besuchte 2011 im Big Apple das „Winter Jazzfest“, das an fünf Tagen ein gigantisches Showcase des US-amerikanischen Jazz bietet. Sie war begeistert von der dichten Atmosphäre des Festivals. Und überlegte, ob nicht genau so ein Festival in Köln fehlt. In der bundesrepublikanischen Jazzhochburg, die in den Neunziger- und Nuller-Jahren am Braindrain in die Hauptstadt gelitten, zuletzt aber wieder eine starke, lebendige Szene entwickelt hatte. Niescier ist kein zögerlicher Mensch, ein Jahr später hatte sie „die kleine Schwester“ des New Yorker Festivals auf die Beine gestellt.
Kern des Winterjazz-Festivals ist wie in New York ein Konzert-Marathon, der aber am Rhein ein paar Nummern kleiner ausfällt. In Köln ist das Festival mit drei Orten und knapp 20 Konzerten sehr viel konzentrierter. Die Orte liegen in Wurfnähe, man kann schnell zwischen den Konzerten wechseln. Überforderung ist dabei vorprogrammiert, macht aber auch den Reiz des Marathons aus: Der Festivalbesucher wird Kurator seines eigenen Abends, wird Teil des Ganzen.
Im Stadtgarten, im Zimmermann‘s und in der Umleitung treten Künstler der hiesigen, international agierenden Szene auf, Künstler von höchst unterschiedlicher Couleur. Etwa die junge Sängerin Sabeth Pérez mit ihrem argentinisch gefärbten Quartett. Pérez hat mit der WDR-Bigband und in Paris mit dem Tango-Pianisten Gustavo Beytelmann aufgenommen, 2016 erhielt sie den Jungen Deutschen Jazzpreis und den Münchner Jazzpreis. Oder Clemens Orth, Jazz-Pianist und Kontrapunktvirtuose von Weltformat, der mit seinem Soloprogramm auftritt. Orth hat bereits in der Carnegie Hall gespielt, die Unabhängigkeit seiner rechten und linken Hand ist beeindruckend, sein Spiel gleichermaßen von Modern Jazz wie von Barockmusik beeinflusst. Jazzkantine-Routinier Christian Winninghoff sorgt mit seinem Projekt Perfect Weekend für den nötigen Groove, das Trio 212 von Max Blumenrath mit Hammond-Orgel-Jazz für leichtfüßige Momente. Leichtfüßig im buchstäblichen Sinne ist die Tapdance-Performance von Pia Neises, die mit dem Martin Sasse Trio eine Brücke zum Jazz schlägt. Katrin Scherers Momentum steht für Grundlagenforschung, ihr Altsaxofonspiel ist karg, mal üppig, gemeinsam mit ihrem Trio surft sie auf der Hier-und-Jetzt-Welle. Benedikt Hesse führt mit seinem „Cuban Jazz meets New Orleans Funk“-Projekt verschiedene, bei näherer Betrachtung aber auch naheliegende Musikwelten zusammen. Die am Den Haager Konservatorium ausgebildete Sängerin Anette von Eichel ist ein Bindeglied zwischen der rheinischen und der niederländischen Szene, mit Posaunist Christof Thewes vertont sie indes Gedichte der afroamerikanischen Bürgerrechtlerin Maya Angelou und des großen afroamerikanischen Dichters Paul Laurence Dunbar. Dunbar schrieb Gedichte im Südstaatendialekt, aber auch in Gälisch und in Deutsch, man darf gespannt auf Anette von Eichels Auswahl sein. Bei der sechsten Ausgabe des Winterjazz wird wieder eine Menge zu entdecken sein.
Winterjazz Köln 2017 | Sa 14.1. 18.30 Uhr | Stadtgarten, Umleitung, Zimmermann‘s | Eintritt frei
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