„Liebe ist eine Art Wahnsinn.“ Ein Satz, der von William Shakespeare stammen könnte, in Wahrheit ist er aber von Isaac Bashevis Singer, dem Nobelpreisträger für Literatur des Jahres 1978. „Geschichten von der Liebe“ nannte er seine Erzählungen, die eben keine Liebesgeschichten sind, da hier jemand eher ein wenig fassungslos vor dem steht, was Menschen aus Leidenschaft so alles zu tun bereit sind.
Der Suhrkamp Verlag präsentiert Singers Werke jetzt noch einmal in einer preiswerten und dennoch geschmackvoll gestalteten Taschenbuchausgabe. Zum Beispiel die Bände „Old Love“ und „Ein Tag des Glücks“, in denen die Liebe durch alle Generationen hindurch dekliniert wird. Singer bietet uns Einblick in die Welt des Ostjudentums – er selbst schrieb noch jiddisch – aber seine Geschichten spielen auch in Israel oder New York.
Sie handeln von missglückten Ehen und glühender Verliebtheit, von armen und reichen Menschen. Auch die Tatsache, dass es Transmenschen mit all ihren gesellschaftlichen Ächtungen gibt, war Singer nicht unbekannt. Schön und schrecklich sind diese Geschichten, die sich in einem klaren Erzählgestus entfalten, dessen unaufgeregten Rhythmus man nicht unterschätzen darf. Ihre Wirkung zeigt sich in der Hartnäckigkeit, mit der sie einem im Gedächtnis bleiben. Obwohl der Tod in ihnen eine wichtige Rolle spielt, sind sie voller Humor. So endet etwa die Geschichte von „Elka und Meir“, zwei Totengräbern, die so viel zu tun haben, dass sie immer nur hastig zur körperlichen Liebe finden, in einem irren Lachen.
Isaac Bashevis Singer: Old Love | Deutsch von Ellen Otten | Suhrkamp | 352 S. | 12 €
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