Bei den Ruhrfestspielen konnte man sie noch auf der Bühne sehen. Als Mitglied des deutsch-namibischen Kollektivs Kaleni war Julia Wissert in einer Produktion über die Zukunft der Arbeit zu sehen. Ihren eigenen Arbeitsschwerpunkt wird die gebürtige Freiburgerin, sollten Kulturausschuss und Dortmunder Rat zustimmen, auch weiterhin im Ruhrgebiet haben. Ab der Spielzeit 2020/21 übernimmt Wissert die Leitung des Dortmunder Schauspiels von Vorgänger Kay Voges.
Julia Wissert ist Jahrgang 1984 und studierte Regie an der Universität Mozarteum Salzburg sowie Drama und Media Arts an der University of Surrey in London. In ihrer Diplomarbeit „Schwarz.Macht.Weiß. Eine kritische Analyse der Arbeitsverhältnisse Schwarzer Theatermacher_innen an deutschsprachigen Bühnen“ untersuchte sie die Frage von strukturellem Rassismus an deutschen Bühnen. Nach dem Studium folgten Regieassistenzen an den Theatern Freiburg und Basel und am Staatstheater Oldenburg. Es entstanden erste eigene Inszenierungen. Für ihre Bearbeitung von Ibsens „Nora“ wurde sie 2012 beim „Körber Studio Junge Regie“ mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. 2014 erhielt sie den Kurt-Hübner-Regiepreis für ihre Inszenierung „Der Junge in der Tür“ am Staatstheater Wiesbaden. Als Regisseurin arbeitete sie außerdem am Berliner Maxim Gorki Theater, am Theater Luzern und am Schauspielhaus Bochum. Im Februar 2019 stellte sie eine, in Zusammenarbeit mit der Rechtsanwältin Sonja Laaser, entwickelte Antirassismus-Klausel vor, die in Theater-Verträge eingefügt werden kann.
Die Wahl von Julia Wissert ist ein Wagnis. Die junge Intendantin verfügt über keinerlei Leitungserfahrung und eine nur kurze Inszenierungsliste – sie dürfte aber mit Sabine Reich eine erfahrene und gut vernetzte Chefdramaturgin an ihrer Seite haben. Julia Wissert möchte, heißt es in der Mitteilung der Stadt, das Schauspiel Dortmund „zu einem offenen Ort machen, der so divers und vielschichtig ist wie die Stadt Dortmund, der sich für vielfältige Aktionen und Kunstformen zur Verfügung stellt.“ Insofern ist die Entscheidung der Findungskommission als ein identitätspolitisches Zeichen zu verstehen, das dem Neonazismus in der Stadt auch ästhetisch etwas entgegensetzen soll.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Internationale Vernetzung
Olaf Kröck verlängert Vertrag bei den Ruhrfestspielen – Theater in NRW 10/22
Keine Berührungsängste
Ivo van Hove leitet ab 2024 die Ruhrtriennale – Theater in NRW 06/22
Breit und hoch zugleich
Olaf Kröck wird neuer Leiter der Ruhrfestspiele – Theater in NRW 12/17
Der Mann der Rekorde
Frank Hoffmann verlässt 2018 die Ruhrfestspiele – Theater in NRW 04/17
Endspurt für Mammut-Projekt
Beethovenhalle kurz vor der Fertigstellung – Theater in NRW 11/24
Jünger und weiblicher
Neue Leitungsstruktur am Mülheimer Theater an der Ruhr – Theater in NRW 10/24
Überleben, um zu sterben
Bund will bei der Freien Szene kürzen – Theater in NRW 09/24
Bessere Bezahlung für freie Kunst
NRW führt Honoraruntergrenzen ein – Theater in NRW 08/24
Mit allen Wassern gewaschen
Franziska Werner wird neue Leiterin des Festivals Impulse – Theater in NRW 07/24
„Zero Waste“ am Theater
Das Theater Oberhausen nimmt teil am Projekt Greenstage – Theater in NRW 06/24
Demokratie schützen
Das Bündnis Die Vielen ruft zu neuen Aktionen auf – Theater in NRW 05/24
Theatrales Kleinod
Neues Intendanten-Duo am Schlosstheater Moers ab 2025 – Theater in NRW 04/24
Neue Arbeitszeitregelungen
Theater und Gewerkschaften verhandeln Tarifvertrag – Theater in NRW 03/24
„Der Tod ist immer theatral“
Theatermacher Rolf Dennemann ist gestorben – Theater in NRW 02/24
Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24
Das diffamierende Drittel
Einkommensunterschiede in der Kultur – Theater in NRW 12/23
Neues Publikum
Land NRW verstetigt das Förderprogramm Neue Wege – Theater in NRW 11/23
Analoge Zukunft?
Die Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund eröffnet ihren Neubau – Theater in NRW 10/23
Tausch zwischen Wien und Köln
Kay Voges wird Intendant des Kölner Schauspiels – Theater in NRW 09/23
Folgerichtiger Schritt
Urban Arts am Theater Oberhausen – Theater in NRW 08/23
Neue Allianzen
Bühnen suchen ihr Publikum – Theater in NRW 07/23
Interims-Intendant für den Neuanfang
Rafael Sanchez leitet ab 2024 das Schauspiel Köln – Theater in NRW 06/23
And the winner is …
Auswahl der Mülheimer Theatertage – Theater in NRW 04/23
Knappheit und Kalkulation
Besucher:innenzahlen am Theater steigen – Theater in NRW 03/23
Gegen Ausbeutung und Machtmissbrauch
Klassenkämpferischer Wind weht durch die Theater – Theater in NRW 02/23