S-O-N-N-E. Nun, da ich Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit habe, sind wir auch schon beim Thema dieses Monats. Der Festivalsommer steht vor der Tür, und wenn er die gleiche Verspätung wie der Frühling hat, dann hat das Moers-Festival dieses Jahr alles richtig gemacht. Statt im zugigen Zelt im Moerser Schlosspark findet die viertätige Festivalsause dieses Jahr erstmals in einer Halle statt. Was man dadurch vielleicht an Flair verliert, gewinnt man beim Programm.
Am Freitag macht John Zorn auf seiner Geburtstagstournee Halt in Moers. Zorn wird nämlich sechzig und kleidet sich noch immer nach dem Motto „We are ugly, but we have the music“ (was übrigens der Titel des Standardwerks über jüdische Identität und Subkultur ist, aber das nur am Rande). Im charakteristischen, orangefarbenen Schlabberpulli mit Tarnhose kommt der Saxofonist auf die Bühne, der wie kein Zweiter den Sound New Yorks so gut festgehalten hat. Egal ob es sich dabei um die diasporische „Radical Jewish Music“ seines Labels Tzadik oder den eklektischen Surround-Sound von Naked City handelt, der im 30 Sekunden-Takt von Surf zu Calypso zu Hardcore wechselt. „Reizüberflutung ist für John Zorn keine Bedrohung, sondern eine Form von künstlerischer Stimulation“, meint Rainer Michalke, Leiter des Moers-Festivals. Der Rest des Festivals steht dem in nichts nach. Am Sonntag wiegen Nohome die Besucher der Festivalhalle in einem Noisegewitter aus Gitarre, Bass und Drums. Und am Montag wird Bassekou Kouyaté mit seinem Familienunternehmen Ngoni Ba auf der Bühne stehen. Immer dabei die Ngoni, das malinesische Saiteninstrument, dem Kouyaté wie kein Zweiter Melodien entlocken kann.
Auch das Traumzeit-Festival hat nach einem Jahr Zwangspause wieder ein vollwertiges Programm zu bieten. OK, mit den Editors als Freitags-Headliner wird mal wohl keine Katze hinterm Hochofen hervorlocken können, aber am Samstag geben sich mit Cat Power und Coco Rosie immerhin drei Künstlerinnen die Hand, die das Great American Songbook sowohl traditionell als auch postmodern interpretieren. Eine Tageskarte wird empfohlen.
Mangels Alternative bietet sich eine Tageskarte auch für das Open Source-Festival an, obwohl man sich wünschen würde, dass die Veranstaltung noch länger geht. An der Düsseldorfer Galopprennbahn treten zwar die unvermeidlichen Dinosaur Jr. als Headliner auf, aber schon der zweite Hauptact ist das Eintrittsgeld wert. HipHop-Multitalent Mos Def tritt zusammen mit dem Jazzpianisten Robert Glasper auf, dessen letztes Album „Black Radio“ für seinen längst überfälligen Brückenschlag zwischen Jazz, Afrofuturismus und psychedelischem Neo-Soul vollkommen zu Recht einen Grammy gewonnen hat. Der Dubstep-Pionier Mala wiederum bringt seine vertonte Bildungsreise nach Kuba auf die Bühne, wo er nicht nur der Bevölkerung den Subbass nähergebracht hat, sondern auch mit einigen der bekanntesten Musiker der Insel kollaborierte. Und Darkstar haben mit ihrem letzten Album „News from Nowhere“ endgültig bewiesen, wie man das psychedelische „Electric Eden“ des britischen Folk mit der Elektronik des 21. Jahrhunderts neu vertonen kann. Eigentlich fehlt da nur noch die Sonne für den perfekten Festivalsommertag. Aber vom Wetter reden schließlich alle.
Moers Festival | Festivalhalle Moers | Fr 17. bis Mo 20. Mai | www.moers-festival.de
Traumzeit Festival | Landschaftspark Duisburg Nord | Fr 21. bis So 23. Juni | www.traumzeit-festival.de
Open Source Festival | Galopprennbahn Düsseldorf | Sa 29. Juni | www.open-source-festival.de
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