Bei der großen Schönberg-Gala zum 150. Geburtstag des Nicht-nur-Neutöners und Begründers der Neuen Wiener Schule versammelte sich in der Kölner Philharmonie nur der übliche Kreis der Musikinteressierten und -informierten. Arnold Schönberg gilt bis heute nicht als Publikumsmagnet. Als Strippenzieher im Hintergrund hat sich Schönberg, ein erfahrener Arrangeur und Bearbeiter, selbst noch im reifen Alter um die Romantik verdient gemacht. Er gilt als Erfinder von „Brahmsens Fünfter“, die 1937 im amerikanischen Exil in Los Angeles uraufgeführt wurde und nun erneut in der Philharmonie zu hören sein wird. Schönbergs Motivation zur Bearbeitung des Klavierquartetts op. 25 von Johannes Brahms für großes Orchester lautet im Originalton: „1. Ich mag das Stück. 2. Es wird selten gespielt. 3. Es wird immer sehr schlecht gespielt, weil der Pianist, je besser er ist, desto lauter spielt, und man nichts von den Streichern hört. Ich wollte einmal alles hören, und das habe ich erreicht."
Das Gürzenich-Orchester, selbst Uraufführungsorchester für die Musik von Johannes Brahms, stellt diesem ursprünglichen Kleinod der Kammermusik das Violinkonzert von Beethoven gegenüber. Auch hier gibt es historische Verbindungen: Der Brahmsfreund und Geigenvirtuose Joseph Joachim hielt als erster Interpret Brahms‘ Klavierquartett in Händen, nachdem er Jahre zuvor als zwölfjähriges Riesentalent mit Felix Mendelssohn das Violinkonzert von Beethoven in die erste Reihe der Virtuosenkonzerte zurückführte. Bedenken wir dann noch die besondere Beziehung von Brahms zu Beethoven als Erbe des sinfonischen Vollenders: Das sind sinnvolle biografische Bezüge.
Am Dirigentenpult steht Michael Sanderling, der aktuelle Chef des Luzerner Sinfonieorchesters, mit dem er just die Aufnahme aller Brahmssinfonien (plus op. 25) beendet hat. Außerdem gastiert der amerikanische Geiger Gil Shaham, der selbst vor wenigen Jahren eine Neuaufnahme der Konzerte von Brahms und Beethoven eingespielt hat. Ansonsten kümmert sich der in New York lebende Virtuose gern um jüngere Tradition wie Barber, Bartók, Berg, Korngold oder Prokofjew. Jetzt geht es noch einmal zurück zu den Wurzeln – ein Dreamteam mit einem sinnigen Programm.
Gil Shaham, Gürzenich-Orchester Köln, Michael Sanderling: „Gipfeltreffen“ | 17., 18., 19.11. | Kölner Philharmonie | 0221 28 02 80
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