Eine Zeitreise von der Wiener Klassik bis zur Neuen Wiener Schule bot das Geschwister-Ensemble Hagen Quartett seinem Publikum regelmäßig in mehr als vier Jahrzehnten. Jetzt verabschiedet sich dieses fest verschweißte Streichquartett mit einem ebensolchen Programm von den Kölner Freunden. Es befasst sich mit dem Wandel, der in mehr als 120 Jahren von Mozarts klassischer Originalität bis hin zu teilweise brutaler Expressivität in den kurzen Werken Anton Weberns führte.
Familienbande bilden auf dem Musikmarkt traditionell Banden aller Couleur. Nicht nur bei den Volksmusikern entstammen die Musikanten häufig einer einzigen guten Stube, auch Großfamilien wie die Kellys auf ihrem Hausboot oder die Jacksons mit ihrem Protagonisten Michael setzten auf die Kraft der Blutsverwandtschaft – nicht immer zum Wohle besonders der kleinsten Mitglieder.
In der Klassik bzw. in barocker Zeit waren die Clans dank ihres Talents raum- und zeitgreifend. Die Familie Bach beherrschte nicht erst seit Johann Sebastian und seinen sehr bedeutenden Söhnen die besten Kirchen- und Hofpositionen, weit verbreitet bis ins europäische Ausland. Nicht so oft teilt sich vererbtes Talent und Musikliebe im Elternhaus so gleichmäßig auf die Nachkommen, dass alle Kinder professionelle Wege gehen können – wie im Falle des Hagen Quartetts.
Neben dem Mandelring-Quartett (drei Brüder Schmidt) und dem relativ jungen Schumann-Quartett (mit drei Spielern der Kölner Familie Schumann) benannte sich das Hagen Quartett nicht nach der Stadt in NRW,sondern nach den Geschwistern der Salzburger Familie Hagen. Sie hatten in den frühen 80er Jahren das Glück, mit einem eigenem Kammermusikfestival prominente Förderer wie den Musikrevoluzzer Nikolaus Harnoncourt oder den Geigenstar Gidon Kremer zu begeistern, deren Rat und Tat die in den Siebzigern noch jugendlichen „Hagen-Kinder“ für den harten Konkurrenzbetrieb der Streichquartette stählen konnten. Bis heute sitzen der erste Geiger Lukas, die Bratscherin Veronika und der Cellist Clemens mit ihrem „Adoptivbruder“ Rainer Schmidt auf den Bühnen der Welt. Den edlen homogenenKlang dieses Ensembles überhöhte für einige Jahre die Leihgabe eines kompletten Instrumentensatzes aus dem Besitz Niccoló Paganinis aus der Werkstatt Stradivari – eine besondere Wertschätzung für das Quartett.
Hagen Quartett – Zum Abschied | Sa 29.11., 16 Uhr | Kölner Philharmonie | 0221 28 02 80
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