
Stephen Kings Doctor Sleeps Erwachen
USA 2019, Laufzeit: 151 Min., FSK 16
Regie: Mike Flanagan
Darsteller: Ewan McGregor, Rebecca Ferguson, Kyliegh Curran
Fortsetzung zu „The Shining“
Shine on!
„Stephen Kings Doctor Sleeps Erwachen“ von Mike Flanagan
1977 veröffentlich Stephen King „The Shining“. 1980 erfolgt die weltweit gefeierte, von King aber verschmähte Verfilmung durch Stanley Kubrick. 1997 der blutarme TV-Zweiteiler, zu dem King das Drehbuch verfasste. 2013 dann liefert der Autor die Fortsetzung: „Doctor Sleep“. Darin erzählt er von dem inzwischen erwachsenen Danny Torrance, der damals als Kind mit seiner Mutter vor seinem von Alkoholismus und bösen Geistern besessenen Vater aus dem verschneiten Overlook-Hotel fliehen konnte. Die Dämonen suchen Danny noch heute heim, seine Gabe, das Shining, verbirgt er vor der Welt. Wie sein Vater ist er Alkoholiker, Danny lebt in der Gosse. Woanders indes macht eine ominöse Gruppe Jagd auf junge Menschen mit Shining, tötet sie oder macht sie zu ihresgleichen und nährt sich aus ihrer Lebensenergie, dem Steam. Eines dieser Kinder ist das Mädchen Abra, dem Danny fortan beisteht. Ihre gemeinsame Flucht nach vorn führt schließlich zurück zu den Grundmauern des Overlook Hotels.
Schon für den Roman gilt: Wer ein zweites „Shining“ erwartet, der wird enttäuscht. Für die einen ist „Doctor Sleep“ ein gelungener Roman mit Tiefgang und Horrorbezügen, für andere nicht mehr als konventionelles Halbgares. Stephen King setzt mit „Doctor Sleep“ weniger auf Horror, sondern bemüht sich mehr um Charaktertiefe. Die Handlung folgt Danny nicht mehr nur durch ein Hotel, sondern durch die ganzen USA. Das Böse rekrutiert sich hier nicht aus etwas Ungreifbaren, sondern aus einer Gruppe Steam-Jäger. Die Erzählweise ist ungleich behäbig. In vielerlei Hinsicht wird „The Shining“ von Kings Fortsetzung bloß beiläufig gestreift, in der Filmsprache könnte man tatsächlich eher von einem Spin-off sprechen.
Regisseur Mike Flanagan knöpft sich nun „Doctor Sleep“ vor und bedient sich dabei nicht nur des Romans, sondern auch dessen, von dem sich King so hartnäckig distanziert: Kubricks Verfilmung. Schon der Trailer ist durchsetzt von (detailliert nachgedrehten) ikonischen Bildern, die Kubrick uns einst ins Gehirn gebrannt hatte. Und im Kino ertönt gleich zu Beginn Wendy Carlos‘ einprägsamer Score von 1980. Flanagan schürt hohe Erwartungen! Und es läuft auch weiter gut an, denn Dannys Passion durch Alkoholismus und Gewissensbiss wird hier angenehm knackig verknappt. Zugleich aber, und das wird zusehends offensichtlich, stolpert Flanagan über das Vorbild, das er hier so eifrig zitiert, denn: Kubrick hatte eine Vision. Flanagan nicht.
Und das schmerzt umso mehr, wenn er im letzten Viertel den Roman hinter sich lässt und uns zurück ins Overlook Hotel entführt. Das ist an sich eine gute Idee. Doch Flanagan vergisst dabei: Er betritt heiligen Boden, und was erhaben hätte auslaufen können, verebbt hier in selbst auferlegter, konzeptloser Überforderung: Viele Zitate werden bloß um ihrer selbst willen bemüht, und wie hier die Ebenen verknüpft werden, endet schließlich in einer Farce. Da schauen wir uns lieber noch einmal Spielbergs „Ready Player One“ an, da war der Abstecher ins Overlook ungleich unterhaltsamer und zielführender. Man darf bei Flanagan vielen guten Willen verbuchen, aber kaum Kompetenz. Bis hin zu unmotivierten Herzklopf-Einspielern aus dem Off fehlt es seinem spannungsarmen Film durchweg an einem künstlerisch stimmigen Konzept. Kubrick schuf Kunst, Flanagan betreibt Grabschändung.
Die Special-Effects stammen aus der Creepshow-Schmiede, Rebecca Ferguson, die die Anführerin der Steam-Jäger spielt, sieht stets zu akkurat verkleidet aus. Zugutehalten kann man dem Film allemal die Besetzung von Ewan McGregor, der durchweg überzeugt. Wir fragen uns derweil erneut, warum sich heutzutage keine Regisseure vom Format Kubricks an derlei Stoffe wagen. Wo sind die Künstler mit einer Vision, die dem Horror Größe und uns den Grusel zurückbringen?
Ach ja, und: Deutsche Verleihers FilmtitelübersetzerInnen – Erwachet!
(Hartmut Ernst)

Grenzenlos
10. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/25
In NRW wird Kino wirklich gelebt
Verleihung der Kinoprogrammpreise NRW in der Wolkenburg – Foyer 11/25
Anemone
Start: 27.11.2025
Sentimental Value
Start: 4.12.2025
Raus aus dem Schmuddelwetter
Tiefgründige Filme im No!vember – Vorspann 11/25
Auf Identitätssuche
Die 17. Ausgabe des Filmfestivals Cinescuela in Bonn – Festival 11/25
Sorry, Baby
Start: 18.12.2025
Herz aus Eis
Start: 18.12.2025
Die jüngste Tochter
Start: 25.12.2025
Der Fremde
Start: 8.1.2026
Unermüdliches Engagement für den Schnitt
„Kammerflimmern“ im Filmhaus – Foyer 10/25
Ein einfacher Unfall
Start: 8.1.2026
Hamnet
Start: 15.1.2026
Extrawurst
Start: 15.1.2026
Silent Friend
Start: 22.1.2026
„Es geht darum, Verbindung herzustellen und zu fühlen“
Zwei Fragen an Filmemacherin Laura Heinig – Portrait 10/25
„Die wichtigste Strategie: nicht aufgeben“
Zwei Fragen an Filmemacherin Lenia Friedrich – Portrait 10/25
Der Mensch hinter der Legende
choices Preview im Odeon Kino – Foyer 10/25
Father Mother Sister Brother
Start: 26.2.2026
„Für mein Debüt bündle ich im Moment alle Kräfte“
Zwei Fragen an Filmemacherin Kim Lea Sakkal – Portrait 10/25
The Bride! – Es lebe die Braut
Start: 5.3.2026
Preisträgern auf den Zahn fühlen
Artist Talks des Film Festival Cologne im Filmpalast - Foyer 10/25
Nouvelle Vague
Start: 12.3.2026
La Grazia
Start: 19.3.2026
„Ich wollte mich auf eine Suche nach Kafka begeben“
Regisseurin Agnieszka Holland über „Franz K.“ – Gespräch zum Film 10/25