
Führer und Verführer
Deutschland, Slowakei 2023, Laufzeit: 135 Min., FSK 12
Regie: Joachim Lang
Darsteller: Robert Stadlober, Fritz Karl, Franziska Weisz
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Hybrider Geschichtsstundenfilm mit viel Archivmaterial
Propaganda-Material
„Führer und Verführer“ von Joachim Lang
Zwischen dem Führer und seinem Demagogen liegt nur ein kleiner Unterschied. „Führer und Verführer“, so der Titel von Joachim Langs Geschichtsstundenfilm über die Kriegs- und Untergangsjahre der deutschen Nazis, schiebt deshalb auch nur eine einzige Silbe zwischen Adolf Hitler und Joseph Goebbels, den obersten Propagandisten und Showrunner der Nazis.
Perspektiviert werden die Ereignisse im Dritten Reich unter dem Mythos der verführten Massen. Anfänglich scheint es gar, dass Goebbels Hitler überhaupt erst gemacht hat. Bald aber gibt der sich in seiner völkischen Ideologie zu erkennen, während Goebbels (Robert Stadlober) sich noch mit Frauen vergnügt und abgemahnt werden muss, auch weil seine Gattin (Franziska Weiß) mit der Scheidung droht – das würde das ganze Nazi-Projekt gefährden. Hitler, gespielt von Fritz Karl (der leider einen Bruno Ganz vermissen lässt), erscheint ansonsten unter der Wirkungsmacht des Propagandaapparats ziemlich blass. Letztlich geht es Regisseur Lang aber nicht um die Nuancierung von Personenkonstellationen und Machtverhältnissen. Die hybride Umsetzung des Stoffes ist das eigentliche Ereignis des Films.
Zu den historischen Fakten fügt Lang nachgespielte Gespräche zwischen Hitler, Goebbels, Himmler und Göring, die auf Recherchen und Zitaten basieren. Als Veit Harlan mit dem antisemitischen „Jud Süß“ (1939) und „Kolberg (1945) beauftragt wird, werden die „Pitching-Szenen“ direkt mit Ausschnitten aus den fertigen Filmen montiert: Goebbels improvisiert aus dem Stand die Entmenschlichungs- und „Totaler Krieg“-Schlachtrufe. So geht eins ins andere über, der politische Wille der Nazis in die Propagandaspielfilme, die Spielfilmhandlung in das authentische Archivmaterial.
Originalaufnahmen bei Pressekonferenzen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, bezeugen den ganz normalen Alltag der Propagandamaschine. Als zu Filmbeginn die Originaldiktion von Reichskanzler Adolf Hitler zu hören ist, vernehmen wir einen Politiker, der recht normal klingt: Die rhetorische Aufrüstung und das bellende Reden folgen erst später. Die Spielfilmhandlung entlarvt auch die Inszeniertheit der Jubelveranstaltungen der Massen, die als Archivmaterial im Film enthalten sind, teilweise in Farbe. Das rückt die historische Wirklichkeit unangenehm an unsere Zeit heran. Spätestens jetzt ist man an die Gegenwart erinnert, an den TikTok-Erfolg der AfD, an den Rechtsruck von Europa.
Nur wenige Juden sind den Nazis lebend entkommen. Einige Holocaust-Überlebende treten als Zeitzeugen vor die Kamera. Sie erinnern sich an die Ankunft in den Vernichtungslagern, wie ihre Eltern in die Gaskammer kamen, wie sie allein zurückblieben. Und wie schließlich ein Soldat mit Fellmütze und rotem Stern kam, sie anlächelte – und sie freikamen. Den Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer, Charlotte Knobloch, Leon Weintraub, Eva Umlauf, Eva Szepsi und Ernst Grube überlässt der hybride Spielfilm das letzte Wort. Das mahnende Fazit: Es geschah. Und deshalb kann es wieder geschehen.
Den Artikel zur Vorführung mit Regiegespräch im Kölner Odeon finden Sie hier

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