Das neue Album „Everybody loves Sausages“ der Melvins – ein Coveralbum – beginnt standesgemäß mit einer adäquaten Version von Venoms schleppendem Klassiker „Warhead“. Aber die Melvins wären nicht die Melvins, wenn sich danach nicht ein glamiges Queen-Cover neben David Bowie, The Kinks, Divine, The Fugs, Roxy Music, The Jam oder Throbbing Gristle ein Stelldichein geben könnten. Und zwar nicht alles in grob gehauenem Melvins-Metal, sondern jeweils in ganz eigenartigen Zwischenreichen – Mittig zwischen Originalinterpret und den Melvins angesiedelt (Ipecac). Nach sechs Jahren kommt mit „... Like Clockwork“ ein neues Album der Queens of the Stone Age. Josh Homme hat als Gäste u.a. ehemalige Mitstreiter wie Dave Grohl oder Mark Lanegan, aber auch Überraschungen wie Elton John oder James Lavelle zusammengetrommelt, um ein Album zu machen, das sowohl dem Stoner Rock als auch anderen 70er-Reminiszenzen wie Glam- und Prog-Rock oder Rock-Balladen frönt. Meist cool, mitunter etwas pathetisch (Matador). Nuclear Raped Fuck Bomb, kurz: N.R.F.B. ist eine Supergroup aus Hamburg. Mit dabei sind so unterschiedliche Musiker wie Jens Rachut (Angeschissen, Dackelblut, Kommando Sonne-nmilch u.a.), Meense Rents (Goldene Zitronen, Egoexpress, Stella, Die Vögel), Thomas Wenzel (Goldene Zitronen, Die Sterne) und Armin Nagel (Oma Hans), der Frank Norman Stubbs (Leatherface) ersetzt hat. Außerdem dabei: Lisa Hagmeister, Schauspielerin, die hier singt, und Becci Ohme an der Orgel. Und genauso vielseitig, aber auch toll ist die Musik. Nach der selbstbetitelten EP kommt nun das viel luftigere und heterogenere Debütalbum „Trüffelbürste“ – großartig (Staatsakt). „Tales of a GrassWidow“ ist das fünfte Album des Duos Coco Rosie der Casady-Schwestern. Ihr mystischer Folk mit Breakbeats klingt stets entrückt, auch wenn sich inzwischen eine leichte Glättung des Sounds eingestellt hat. Als Gast ist der seelenverwandte Anthony Hagerty dabei (City Slang).
Patric C., auch bekannt als E De Cologne oder Candie Hank, gibt sich auf „Blingsanity“ ausgelassen fröhlich: Entspannte Downbeats mit dicker Bassbasis treffen auf gut gelaunte Sounds und hymnische Melodien. Klingt ein wenig wie C 64-Exotica – klasse (Keep it business). Der Däne Rune Reilly Kølsch, der sich für das Kölner Label Kompakt passenderweise Kölsch nennt, hatte vor drei Jahren mit „Loreley“ – eine an Stranglers „Golden Brown“ angelegte Hymne – einen riesigen Erfolg. Das Album „1977“ setzt sich zur Hälfte aus den vier Maxis, die er unter dem alias Kölsch gemacht hat, und neuem Material zusammen. Tranciger, romantischer Techno, der nichts erfindet, aber Bekanntes sehr gut macht. Das Projekt „Gregor Schwellenbach plays 20 Jahre Kompakt“ wurde während des Acht Brücken Festivals live vorgestellt. Nun kommt das Album mit den von Schwellenbach für ein kleines Ensemble transponierten Stücken aus dem Katalog des Kölner Technolabels, das gerade seinen 20. Geburtstag feiert (beide Kompakt).
Mit „Unknown Pleasures“ erzählt Peter Hook die Geschichte von Joy Division. Der Bassist von Joy Division und New Order wirkt damit der Mythenbildung entgegen. Erstmals wird die Geschichte von einem Bandmitglied erzählt, und gleich relativieren sich alle späteren Zuschreibungen und Gothic-Klischees. Denn Hook erzählt als typischer Hool von Saufgelagen, Schlägereien und ähnlichem. Und das macht er ganz undramatisch – mit schnoddrigem Tonfall und viel Witz. Ein ungewöhnlicher und spannender Einblick in diese wegweisende New Wave-Band (Metrolit).
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