Natürlich, der Besuch der Ausstellung der Gemälde von Claude Monet ist ein Muss. Zu lange waren seine Bilder hier nicht mehr ausgestellt, zu bedeutend ist sein Beitrag zur Weltgeschichte der Malerei. Eindrucksvoll sind diese Werke ohnehin. Mit Monet verbindet man bestimmte Orte und Motive: den Seerosenteich von Giverny mit den Pflanzen in der spiegelnden Wasserfläche, die oben und unten aufhebt. Oder Rouen mit seiner Kathedrale, deren Fassade Monet zu wechselnden Tageszeiten unter verschiedenen Lichtverhältnissen gemalt hat. Claude Monet ist der Großmeister des französischen Impressionismus nach 1870, der den Gegenstand von der festen Form gelöst und das Sehen revolutioniert hat. Die Malerei erhält eigene Bedeutung, indem sie das Licht erfasst. Die visuelle Wirklichkeit erweist sich als vorübergehend. Monet besitzt unter diesen Künstlern die größte Popularität. Aber er ist auch derjenige, der mit seinen späten Bildern von Giverny die Abstraktion weitergeführt hat. All das bestätigt noch die Ausstellung in Wuppertal. Sie ist grandios.
Der Impressionismus mit der zergliedernden analytischen Erfassung der Natur ist noch für die Kunst der Gegenwart vorbildlich – das ist ein Gedanke der Ausstellung „Pitturesk“ im MARTa Herford. Unter den zahlreichen Schauen, die sich mit immer neuen zeitgenössischen Künstlern der altehrwürdigen Landschaft nähern, ist „Pitturesk“ eine der interessantesten, originellsten. Sie umfasst Malerei, Objektkunst, Fotografie und Video und setzt an einem bestimmten Phänomen an, der Idee des Pitturesken in der Landschaftsdarstellung des 18. Jahrhunderts. Es geht um die Wechselbeziehung von freier „wilder“ Natur und domestizierter Kultur. Hier, in der zeitgenössischen Kunst, kommen aktuelle Aspekte wie Peripherie und Zentrum im Stadtraum hinzu – überhaupt: Was ist Landschaft, wie wird mit ihr heute umgegangen, und deckt sich die Vorstellung mit der Realität? Dadurch wird (flankiert von Landschaftsdarstellungen etwa von Caspar David Friedrich und Gerhard Richter) das Hauptaugenmerk noch auf das Sinnstiftende zwischen Zerklüftungen, Ästhetisierungen, Monotonie und Kartographie gelegt, begleitet von einem Katalogbuch, das selbst eine (bibliophile) Augenweide ist.
Wie aufregend aber auch die Nüchternheit schmuckloser „konventioneller“ Malerei sein kann, das belegt eine Ausstellung in Neuss. Vielleicht ist doch sie die Sensation: Die Bilder von Wilhelm Schmurr (1878-1959), die das Clemens-Sels-Museum zeigt und die sich beharrlich an den Pfaden des Realismus orientieren, sind erst noch zu entdecken. Schmurr fokussiert den Menschen, konzentriert ihn auf seine Gesten und sein Handeln, nur manchmal umfangen von Räumen oder von Landschaft. Daneben hat Wilhelm Schmurr, der in Düsseldorf gelebt und dort an der Akademie unterrichtet hat, einige Stillleben und Landschaften gemalt, auch sie voll stiller Intensität. Seine Bilder sind Verdichtungen der genauen, ernsthaften Hinwendung – das macht sie so selten und zeitlos. Zum Weihnachtsprogramm gehört Schmurr ebenso wie Monet. Die beiden hätten sich gut verstanden.
Monet: bis 28. Februar im Von der Heydt-Museum in Wuppertal
www.von-der-heydt-museum.de
Pitturesk – Neue Perspektiven auf das Landschaftsbild: bis 10. Januar im MARTa Herford
www.marta-herford.de
Wilhelm Schmurr – Die Magie des Augenblicks:
bis 17. Januar im Clemens-Sels-Museum in Neuss
www.clemens-sels-museum.de
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