Eines kann man über die Musikszene Duisburgs mit Sicherheit nicht sagen: dass es dort einen Überfluss an Orten gäbe, in denen Livemusik gespielt wird. Dementsprechend hart traf es Musiker und Fans, als bekannt wurde, dass der in der Innenstadt gelegene Jazzkeller Djäzz vom städtischen Ordnungsamt mit einer Sperrzeitverlängerung belegt wird. Die zu erwartenden Folgen waren von Anfang an klar: wenn das Djäzz täglich schon um ein Uhr seine Pforten schließen muss, kann es seine Party-Veranstaltungen nicht mehr in bisherigem Rahmen durchführen und verliert dadurch seine Haupteinnahmequelle. Ergo: Die Schließung in absehbarer Zeit wäre unausweichlich.
Zu der neuen Auflage kam es durch Anwohnerbeschwerden wegen Ruhestörung. Die Beschwerden betrafen nicht die Musik im ausreichend schallisolierten Djäzz, sondern die Stimmen der Besucher auf ihren Hin- und Rückwegen. Ein Problem, für dass die Betreiber des Clubs kaum verantwortlich gemacht werden können, zumal die Straße davor öffentlich und dadurch kaum kontrollierbar ist.
"Die Stadt Duisburg muss sich generell fragen lassen, was mit ihrer Innenstadt geschehen soll."
Trotzdem brachte eine Klage wie so oft in solchen Fällen nicht die erhoffte Aufhebung der neuen Auflagen. Das Ende des Djäzz schien besiegelt. Doch dann geschah etwas, das selbst die größten Optimisten unter den Djäzz- Kunden nicht für möglich gehalten hatten: es formierte sich eine Protestbewegung, die eine so machtvolle Öffentlichkeit schuf, dass die Politik nicht mehr an dem Thema vorbeischauen konnte.
Sichtbar wurde der Protest zunächst im Internet. Im sozialen Netzwerk Facebook bildete sich unter dem Banner „I love Djäzz“ eine Gruppe, die es innerhalb kürzester Zeit schaffte, den Protest aus dem virtuellen Raum auf die Straße zu tragen. Es folgten Aktionen wie eine Kundgebung am Rande einer Ratssitzung und Solidaritätsbekundungen von vielen Seiten, sogar von den Fans des örtlichen Fußballvereins.
Die Spitze war erreicht, als mehr als 500 Unterstützer in der Duisburger Innenstadt für den Erhalt des Djäzz demonstrierten. Regionale Medien berichteten so umfassend über die Protestbewegung, dass sie letztlich erste Teilerfolge erreichte: Die Duisburger Politik und das Ordnungsamt bewegten sich, viele Ratsmitglieder drückten ihre Sympathie für das Djäzz aus und versprachen Hilfe, um den Club auch in Zukunft zu erhalten.
Sascha Bertoncin, der für das künstlerische Programm zuständige Mitarbeiter des Clubs, ist von der Unterstützung immer noch überwältigt: „Ich hätte nie mit einer so breiten Solidarität gerechnet.“ Gegenwärtig sind mehrere Optionen für die nach wie vor unsichere Zukunft des Djäzz im Gespräch: Wenn schon nicht die Aufhebung der neuen Sperrzeitregelung, erhofft sich Bertoncin kommunale Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Standort. Auch das wird nicht leicht, schließlich ist die Lage des bisherigen Djäzz ein Glücksfall.
Die Stadt muss sich generell fragen lassen, was mit ihrer Innenstadt geschehen soll. Sollte das Djäzz schließen müssen, läuft sie Gefahr, gerade in den Abendstunden weiter zu veröden. Eine Großstadt, die Duisburg sein will, sollte andere Optionen bieten.
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