Promis und Sternchen sonnen sich gern im Gewitter der Blitzlichter. Die Fotografen suchen immer den Star, und der steht, geht oder sitzt stets ganz vorn, an der Rampe. Beim Jazz ist das etwas anders. Bei ganz jungen Bands hat der das Sagen, der einen Proberaum hat. Eine Phase weiter, wenn Auftritte anstehen, gewinnt der Besitzer einer Lautsprecheranlage an Macht. Startet der Konzertzirkus, wächst die Gewalt des Band-internen Managers: Wer die Jobs bringt, hält die Musiker an dünnen Fäden. Wird einer frech, kann ausgewechselt werden. Nur der Jobvermittler bleibt immer. Er ist die Band. Deshalb ist häufig der Chef der unfähigste Musikant, manchmal sogar eine echte Qualitätsbremse – alles wie im richtigen Leben.
Die jungen Jazzer haben diese Problematik der absoluten Abhängigkeit heute geschnallt. Jeder, ob Bassmann oder Schlagzeuger, pflegt im Tagesgeschäft seine Verbindungen und sammelt leidenschaftlich neue Kontakte. Jazzmusiker sind unwahrscheinlich freundlich im Umgang miteinander, denn ein falsches Wort kann die Jobs der Zukunft kosten – gelästert wird später mit echten Freunden und Vertrauten. Der Gig des Abends ist immer dufte, je besser bezahlt, umso dufter!
Zielt das ganze Gejazze und Gemucke – „echte Mucker sind Musiker für jede Tonart und jede Stimmung, die Huren der Musikszene“ – nun auf echte Kunst, so fallen schnell die willkürlichen Rotationsprinzipien im Bandverbund. Ein echtes Klaviertrio wird mit jeder gemeinsamen Betriebsstunde besser, es läuft immer runder. Anfangs reagieren die Musiker aufeinander, irgendwann miteinander, im Idealfall verschmilzt das Ganze zu einer gemeinsamen Kraft, die strebt und auflebt und vergeht.
Zwei junge Musiker der Kölner Szene haben sich in den letzten Jahren handelsüblich gleich in mehreren Projekten als Team etabliert. Bassist Robert Landfermann und Schlagzeuger Jonas Burgwinkel sind so etwas wie ein Dreamteam der Hintermannschaft für Jazzbands, ein Epizentrum für zielgesteuerte Eruptionen, ein stilistisch wendiges Zweimann-Unternehmen, das künstlerische Ideen ausführt und mit entwickelt. Jetzt hat der WDR der „Rhythmusgruppe Landfermann/Burgwinkel“ den diesjährigen Jazzpreis in der Kategorie „Jazz Improvisation“ verliehen, einen Preis, den sich bisher Heroen wie Charlie Mariano oder Virtuosen wie Claudio Puntin verdienen konnten. Das ist eine großartige Aufwertung dieser Spezies, die natürlich nur vom Publikum, niemals von den Bandkollegen als sogenannte „Tuttischweine des Jazz“ eben in der zweiten Reihe stehen oder ganz hinten sitzen. Und es entlockt ein Sonderlob an eine Jury, dass eine solche Wahl überhaupt in Erwägung gezogen wurde.
Die Musiker sind auch live zu erleben in einem Konzert mit Preisverleihung. Hier wird auch ein weiterer Mann aus dem Hintergrund geehrt, nämlich der langjährige NDR-Jazzredakteur Michael Naura. Bei dieser eigentlich guten Idee, auch verdiente Drahtzieher im Hintergrund zu ehren, schwant uns natürlich in Gedanken an Fernsehspielchefin Doris Heinze bereits das Jahr, in dem die WDR-Jazzredaktion sich selbst den Preis verleiht – für so brillante Entscheidungen wie in diesem Jahr hätte sie es sogar verdient.
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