Einen guten Wein veredelt die Zeit. Eine Stradivari klingt schon aus dem Grunde besser als eine Hightech-Geige der Neuzeit, weil die Qualität der Baumaterialien nur schwer zu kopieren ist. Und auch von der letzten deutschen Swingikone darf behauptet werden: Nie war er so wertvoll wie heute. Paul Kuhn wird 80 Jahre alt.
Tatsächlich spielt Paulchen so gekonnt Klavier wie nie. Mit der Tiefe der Falten unter den Augen stieg auch seine Reputation als Jazzmusiker. Kuhn besitzt Persönlichkeit, er strahlt Güte und immer noch Begeisterung für seine Sache aus: für die Jazzmusik. Im selben Haus, in dem Paul seinen Geburtstag feiert (Philharmonie Essen am 25.3.), kämpfen zuvor an drei Tagen jüngere Musiker um den „Young German Jazz“ (5./6./7.3.) Dabei, wohl außer Konkurrenz: Klaus Doldinger, zarte 71 Jahre jung, der sich – musikalisch – schon mit dem netten Popschmalzer Sasha liierte, um Jugendlichkeit auszustrahlen. Wie einsam stehen Kuhn und Doldinger in ihrer Generation, der eine für den deutschen Oldtime-Swing, der andere für die deutsche Oldtime-Fusion, wenn der Blick über die völlig unüberschaubare Landschaft der jungen kreativen Musiker schweift, die sich zwischen Mainstream und frei Improvisierter Musik in Deutschland tummeln, auf der Suche nach dem eigenen Weg.
Ein deutsches Klaviertrio mit dem Namen „triosence“ geht den ungewöhnlich einfallslosen Pfad, einfach „schöne“ Musik zu spielen, Gefühle zuzulassen und auszulösen. Deshalb werden sie zu Recht mit Preisen überschüttet, der Terminkalender (27.3. im Kölner Stadtgarten) ist voll, und ihre aktuelle CD durften sie im legendären RainbowStudio in Oslo einspielen – Weihen des im Jazz hoch gelobten und geschätzten Nordens, die der Musik gut getan haben.
Mit anderen gehen glatt „Die Pferde“ durch. Junge Hengste aus dem Ruhrgebiet toben sich zwischen Geräusch und Stille aus, freie Improvisation sucht den genialen Kick im Augenblick, „Die Pferde“ spielen im Kölner Loft am 5.3. Was machen eigentlich die Vorzeige-Amis im Jazz, und wo sind sie geblieben? Funky Music mit Bob Mintzer und Jimi Haslip bieten die „Yellowjackets“ im Dortmunder Domicil (11.3.), hier trommelt auch der betagte Drummerstar Alvin Queen (7.3.) – der wohnt allerdings schon lange in der Schweiz. Im Alten Pfandhaus (am 29.3.), Kölns neuer Adresse für guten Jazz, massiert seine Kollegin Cindy Blackman die Felle ihrer Batterie, und zwar kräftig. Mit Jean-Paul Borelly, Melvin Gibbs und John Medeski hat sie ein Top-Quartett auf Tour. Hier gastiert zuvor ein Mann, der den Zeichen der Zeit immer schon einen Schritt voraus war. Charlie Hunter (23.3.) spielt eine Spezialgitarre, auf der er den Bass gleich mit drücken kann. Das spart Platz, Gage, Spannungen, und es schafft einen unwiderstehlichen eigenen Bandsound. Mit so einer Marke kann man berühmt werden, ohne sich musikalisch zu verbiegen; sogar international.
Infos unter: www.philharmonie-essen.de, www.stadtgarten.de,
www.loftkoeln.de, www.domicil-dortmund.de, www.altes-pfandhaus.de
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